Isaac Blum, Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen
„Später versuchte ich Rabbi Moritz zu erklären, was ironisch daran war, dass ich ausgerechnet durch mein schreckliches Verbrechen die ganze Gemeinde gerettet hatte. Er begriff es nicht, entweder weil er zu verärgert war oder weil er andere Dinge im Kopf hatte oder weil der Mann einfach keinen Sinn für Humor hat. Heute finde ich es nicht mehr lustig – diese Sache hat mein Leben zerstört, mich auf die Intensivstation gebracht und mich und meine Familie zutiefst gedemütigt. Aber damals fand ich es lustig.“ (S. 5)
Der Jeschiva Schüler Jehuda Rosen, von seinen Freunden kurz Hoodie genannt, besucht eine streng orthodoxe jüdische Schule im verschlafenen Städtchen Tregaron. Im Mittelpunkt seines Lebens steht die Auseinandersetzung mit den jüdischen Lehren und dem richtigen Lebenswandel. Als Hoodie während des Unterrichts über jüdisches Recht und jüdischen Lebenswandel bei einem Blick aus dem Fenster auf der Straße ein tanzendes Mädchen erblickt, ahnt er nicht, dass diese Begegnung sein Leben radikal auf den Kopf stellen wird.
Hoodie lebt in einer streng orthodoxen Familie gemeinsam mit seinem Vater, seiner Mutter, seiner älteren Schwester Zippy und seine beiden jüngeren Schwestern Chana, Goldie und Rivkie. Als zahlreiche orthodoxe Familien von Colwyn nach Tregaron übersiedelten, bildete sich in Tregaron eine Widerstandsbewegung, welche die Errichtung einer jüdischen Siedlung zu verhindern versuchten. Vor allem Bürgermeisterin Monica Diaz-O’Leary setzt sich gegen die Bebauung eines Grundstücks zur Wehr, die das Unternehmen leitet, für das Hoodies Vater tätig ist.
In einer Pause lernt Hoodie das tanzende Mädchen Anna-Marie kennen, von deren erfrischendem Wesen er sich augenblicklich in seinen Bann gezogen fühlt. Zu seinem Entsetzen ist Anna-Marie Christin und noch schlimmer: die Tochter von Bürgermeisterin Diaz-O’Leary. Als er sie kurze Zeit später am Friedhof wiedertrifft, wo sie gerade dabei ist, antisemitische Schmierereien von jüdischen Grabsteinen zu entfernen, hilft er ihr, wobei sich die beiden näherkommen.
Beide sind von großer Neugier über ihre unterschiedlichen Lebenswelten geprägt, die aber bald einen dunklen Schatten auf die Beziehung der beiden Jugendlichen werfen werden. Hoodie ist es von seiner orthodoxen Lebenswelt streng untersagt Kontakt mit Christinnen zu pflegen, ganz besonders nicht mit der Tochter der verhassten Bürgermeisterin. Als Hoodie seine Traditionen und die religiösen Vorschriften zunehmen in Frage zu stellen beginnt, gerät er in Streit mit seiner Familie und der gesamten jüdischen Gemeinde.
Isaac Blum erzählt eine moderne Romeo und Julia Version, wobei die Geschichte nicht tragisch endet, sondern offenbleibt. Neben außergewöhnlichen Protagonisten bietet der spannende Jugendroman tiefe Einblicke und Einsichten in das unbekannte Leben orthodoxer Juden und das spannungsgeladene Leben in einer christlich geprägten Umwelt.
Ein überaus lesenswerter Roman der mit Witz und Tragik die Schwierigkeiten thematisiert, wenn gegensätzliche religiöse und ideologische Weltanschauungen aufeinanderprallen und der Frage nach der eigenen Identität nachgeht ohne moralisch belehren zu wollen.
Isaac Blum, Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen. Übers. v. Gundula Schiffer [Orig. Titel: The Life and Crimes of Hoodie Rosen], ab 14 Jahren
Weinheim: Beltz & Gelberg Verlag 2023, 224 Seiten, 16,10 €, ISBN 978-3-407-75721-0
Weiterführende Links:
Beltz & Gelberg Verlag: Isaac Blum, Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen
Homepage: Isaac Blum (engl.)
Wikipedia: Gundula Schiffer
Andreas Markt-Huter, 12-06-2023