Jacqueline Davies, Alice und die Geister von nebenan

Andreas Markt-Huter - 10.04.2025

Jacqueline Davies, Alice und die Geister von nebenan„Wenn Alice ganz still dastand, spürte sie abermals einen stetigen Herzschlag, diesmal durch ihre Fußsohlen. Sie kniete sich hin und legte beide Handflächen auf den ebenen Boden. Eine Spinne ließ sich an einem dünnen Seidenfaden herab und baumelte vor ihrem Gesicht, schien sie zu beobachten. Alice hielt erneut die Luft an, fühlte, wie es unter ihren Händen pulsierte und war sich nun ganz sicher: Dieser Herzschlag gehörte nicht zu ihr.“ (S. 40)

Die zehnjährige Alice Cannoli-Potchnik hat die Freundlichkeit und das handwerkliche Geschick von ihrem Vater und die Intelligenz und Furchtlosigkeit ihrer Mutter geerbt. Das College, an dem Alices Mutter als Professorin arbeitet, bittet sie bereits zum zwölften Mal umzuziehen. Immer wenn Alice und ihr Vater die verfallenen Häuschen in kürzester Zeit wiederhergerichtet haben, wird es vom College mit Gewinn verkauft und die Familie in ein neues verfallenes Haus geschickt.

Es ist wieder einmal so weit und die Familie Potchnik-Cannoli übersiedelt in ein neues Haus. Aber diesmal muss Alices Vater ihrer Mutter versprechen, keinerlei Reparaturen und Restaurierungen durchzuführen, weil sie das ständige Umziehen satt hat. Auch das neue Haus am nördlichen Rand des Universitätscampus erweist sich wieder einmal als ziemlich verfallen.

Nachdem ihre Eltern zur Arbeit gegangen sind, macht sich Alice daran die Gegend zu erkunden. Dabei entdeckt sie vor dem Nachbarhaus ein Schild mit der Aufschrift „Der Dereliktion“ und auf einem anderen, dass das Haus polizeilich für abbruchreif erklärt wurde und unbewohnbar sei. Alices Neugier ist geweckt und sie beginnt vorsichtig heimlich das Nachbar Haus zu erkunden. Dabei überfällt sie das merkwürdige Gefühl, als ob sich etwas Lebendiges im Haus befindet und auf sie gewartet hat.

Alice beschließt das verfallene Nachbarhaus heimlich zu renovieren und wird dabei von merkwürdigen Lichtflecken abgelenkt, die ganz aufgeregt durch das Zimmer zu hüpfen scheinen. Sie zweifelt an ihren Sinnen, setzt aber ihre Reparaturarbeiten an einem Kronleuchter ungehindert fort. Als sie die Kerzen schließlich anzündet, nimmt sie zu ihrem Schreck eine Stimme wahr, die „Oh, wie wunderschön“ wispert.

Alice beginnt sich mit einem Mädchen zu unterhalten, dessen Stimme sie zwar nicht hören, dafür jedoch körperlich fühlen kann. Ivy erklärt, dass Alice den Segen des Hauses empfangen haben muss, weil sie das Herz des Hauses repariert hat. Bald erfährt sie, dass es sich bei dem Geist um die Seele eines verstorbenen Mädchens handelt. Nach anfänglichen Misstrauen beschließen die anderen Geister, Alice um Hilfe zu bitten.

Jacqueline Davies erzählt eine unterhaltsame Geistergeschichte, in der mit Hilfsbereitschaft und Mut nach und nach ein großes Geheimnis gelüftet wird. Dabei kommt die Erzählung fast ganz ohne gruselige Effekte, erschreckende Monster oder bösartige Wesen aus.

Ein überaus lesenswertes Kinderbuch, das durch seine angenehme Atmosphäre und seinen außergewöhnlichen Protagonisten überzeugt und einen durchgängigen Spannungsbogen aufrechtzuhalten weiß.

Jacqueline Davies, Alice und die Geister von nebenan. Ill. v. Julia Castaño, übers. v. Fabienne Pfeiffer [Orig. Titel: The International House of Dereliction], ab 10 Jahren
Hamburg: Schneider Verlag 2024, 272 Seiten, 15,50 €, ISBN 978-3-505-15241-2

 

Weiterführende Links:
Schneider Verlag: Jacqueline Davies, Alice und die Geister von nebenan
Homepage: Jacqueline Davies

 

Andreas Markt-Huter, 21-02-2025

Bibliographie
Autor/Autorin:
Jacqueline Davies
Buchtitel:
Alice und die Geister von nebenan
Originaltitel:
The International House of Dereliction
Erscheinungsort:
Hamburg
Erscheinungsjahr:
2024
Verlag:
Schneider Verlag
Illustration:
Julia Castaño
Übersetzung:
Fabienne Pfeiffer
Seitenzahl:
272
Preis in EUR:
15,50
ISBN:
978-3-505-15241-2
Lesealter:
Altersangabe Verlag:
10
Zielgruppe:
Kurzbiographie Autor/Autorin:
Jacqueline Davies ist eine US-amerikanische Kinderbuchautorin, die sich mit ihren Büchern stark für gemeinnützige Projekte einsetzt. In den USA ist ihre The Lemonade War-Reihe ein Bestseller, und sie wurde vielfach für ihre Werke ausgezeichnet. Sie lebt in der Nähe von Boston und verbringt ihre Zeit gern in einer Hütte an der wilden Küste Maines.

Fabienne Pfeiffer studierte Anglistik, Amerikanistik und Germanistik mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur in Frankfurt am Main.