„Am Bahnhof angekommen, konnte Matthew weit und breit keinen Jungen entdecken. Dafür stand dort aber ein Mädchen. Unter ihrem ausgeblichenen, breitkrempigen Hut baumelten zwei rote Zöpfe. Sie hatte große Augen und ein spitzes Gesicht voller Sommersprossen und trug eine abgewetzte Reisetasche in der Hand.
Die beiden älteren Geschwister Matthew und Marilla Cuthbert leben gemeinsam auf ihrem Hof mit dem Namen Green Gables. Sie haben beim Waisenhaus um einen Jungen angefragt, der dem älter werdenden Matthew bei der schweren Arbeit unter die Arme greifen soll. Als Matthew den Jungen vom Bahnhof abholen kommt, stellt er zu seiner Verwunderung fest, dass kein Junge, sondern ein ganz eigenwilliges Mädchen mit roten Zöpfen mit ihrer Reisetasche am Bahnsteig wartet.
Im Gegensatz zum schüchternen und wortkargen Matthew erweist sich die elfjährige Waise Anne Shirley keineswegs auf den Mund gefallen. Sie hofft, trotz ihrer roten Haare und Sommersprossen, endlich das große Glück gefunden zu haben und ist während ihrer Fahrt vom Bahnhof zum Bauernhof Green Gables von allem fasziniert, was ihr auf dem Weg begegnet. Ihr Glücksgefühl wird jäh zerbrochen, als Marilla vom Fehler des Waisenhauses ganz entsetzt, wollten sie doch einen Jungen, der bei der Arbeit am Bauernhof mitanpackt und kein Mädchen. Anne befürchtet, gleich wieder ins Waisenhaus zurückgeschickt zu werden.
Am nächsten Morgen besuchen Marilla und Anne Frau Spencer, um das Missverständnis aufzuklären. Als die Option im Raum steht, dass Anne entweder bei Frau Blewett, über die nur schlecht gesprochen wird, im Haushalt arbeiten könnte oder ins Heim zurückkehren müsste, beschließen Marilla und Matthew, dass sie Anne bei sich auf Green Gable behalten wollen.
Damit beginnt ein neuer und schöner Lebensabschnitt in Annes Leben und sofort beginnt sie damit allen Blumen und Bäumen eigene passende Namen zu geben. Doch bald schon gerät sie in Schwierigkeiten, als sie Marillas Freundin Mrs. Lynde beleidigt, die sich über ihre roten Haare und ihre Sommersprossen verächtlich äußert. Anne wird aufs Zimmer geschickt und weigert sich zunächst sich bei Mrs. Lynde zu entschuldigen. Am Ende kommen sich die beiden aber doch näher.
Bald schon lernt sie in der gleichaltrigen Diana ihre beste Freundin kennen, mit der sie zahlreiche Abenteuer erlebt. Anne gerät wegen ihres überschwänglichen Temperaments, ihrer Fantasie und ihres nicht versiegenden Redeflusses aber immer wieder in neue Schwierigkeiten.
„Anne auf Green Gables“ ist die fröhliche Geschichte eines Waisenmädchens in Kanada, das durch seine liebenswerte Art und Fantasie alle zu bezaubern weiß. Dass ihr überschäumendes Temperament und ihre Energie sie dabei auch immer wieder in Schwierigkeiten bringt, macht die Spannung des unterhaltsamen Kinderbuches aus.
Kallie George erzählt den kanadischen Kinderbuchklassiker mit viel Einfühlungsvermögen für ein junges Publikum nach. Die klare und verständliche Sprache erwecken das alte Kinderbuch zu neuem Leben und die schön gestalteten farbenfrohen Illustrationen machen das Kinderbuch zu einem unterhaltsamen und fröhlichen Lesevergnügen für Jung und Alt. Ein wenig schade ist, dass Lucy Maud Montgomery, die Autorin von „Anne of Green Gables“ mit keinem Wort erwähnt wird.
Kallie George, Anne auf Green Gables. Ill. v. Abigail Halpin, übers. v. Yvonne Hergane [Orig. Titel: Anne Arrives, Annes’s Kindred Spirits, Anne’s School Days undd Anne’s Tragical Tea Party], ab 5 Jahren
Hamburg: Atrium Verlag 2025, 160 Seiten, 19,20 €, ISBN 978-3-85535-225-8
Weiterführende Links:
Atrium Verlag: Kallie George, Anne auf Green Gables
Homepage: Abigail Halpin (engl.)
Wikipedia: Yvonne Hergane
Andreas Markt-Huter, 03-07-2025