frank sieren, in china zu hause„Noch nie in der Geschichte der Menschheit sind so viele Menschen so schnell aus der Armut katapultiert worden. Das Lebensgefühl der Chinesen, die diesen enormen Aufschwung in der kurzen Zeit erlebt haben, prägt auch die Eindrücke und Erlebnisse der Deutschen, die schon lange in China zu Hause sind und mit denen ich in diesem Buch sprechen.“ (S. 8)

Am Beispiel von 21 Interviews mit unterschiedlichen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, die auf jahrelange Erfahrungen in China zurückgreifen können, zeigt das Sachbuch „In China zu Hause“, wie sich die neue große Wirtschaftsmacht im Osten entwickelt und welche Auswirkungen und Möglichkeiten daraus für Deutschland und Europa zu erwarten sind.

günter eichberger, weltverlustDie gängige Weltformel lautet: Wer Visionen hat, braucht einen Arzt. – In der Literatur freilich gilt die Formel auch umgekehrt: Wer auf einen Arzt wartet, kriegt Visionen. Günter Eichberger erzählt in heroisch-depressiver Form von einem, der auszieht, sich der Welt zu entledigen.

In der Bildung braucht es meist ein Initial-Erlebnis, das einem den berühmten Stoß gibt, etwas aus sich zu machen. (Beim Computer nennt man diesen Vorgang booten.) Tonnen von bürgerlichen Erziehungsromanen berichten davon, wie Helden ein Erweckungserlebnis haben, und in die Welt hinausziehen. Beim „Grünen Heinrich“ (Gottfried Keller) ist es die Mutter, die dem Kind die Koffer packt, beim „Taugenichts“ (Joseph von Eichendorff) hat eines Tages der Vater die Schnauze voll, und schickt den Sohn samt Geige weg von seiner Mühle.

christine hochgerner, nicht nur hasen schlagen hakenDie Biographien gewöhnlicher Menschen abseits von heroischen Lebensentwürfen gleichen meist haken-schlagenden Hasen. Dabei sind es die Gejagten selbst, die als Jagdträume hinter sich selbst her sind und sich dabei zu Tode hetzen.

Christine Hochgerner erzählt von diesen Hakenschlagenden Menschen aus der Sicht einer erhaben postierten Beobachterin. Die Erzählposition ist reflexiv in die Vergangenheit gerichtet, indem in straffen Plots die Heldinnen am Lebensende vorgestellt werden.

jörg piringer, günstige intelligenzKünstliche Intelligenz ist heute das, was früher eine Matura-Prüfung gewesen ist. Die KI ist mit allerhand Floskeln und Fügungen vorprogrammiert und stellt daraus auf Knopfdruck gefällige Texte zusammen, die durchaus die Kraft von Lyrik verströmen können. Nach dem Ausspucken des Textes sind alle glücklich wie früher bei der Matura, wenn das gegenderte Zögling nach Jahren der Indoktrination zur Abschlussprüfung einen feierlichen Text ausgespuckt hat.

Jörg Piringer geht die Sache mit der „günstigen Intelligenz“ ebenfalls auf Knopfdruck an. Um 5,60 EUR hat er sich eine Software gekauft, die, mit echter Intelligenz gefüttert, allerhand lyrische Stückeln spielt.

volker reinhardt, montaigne„Die so unverbindlich und tiefenentspannt daherkommenden, scheinbar willkürlich von einem Thema zum anderen springenden Essais sind in Wirklichkeit ein hoch konzentriertes, hoch politisches und daher äußerst «engagiertes» Buch, das nicht nur die Ursachen der mörderischen Konflikte ergründen, sondern diese auch beheben helfen möchte, das also nicht nur verstehen, sondern auch und vor allem verändern will.“ (S. 12)

Volker Reinhardt geht in seiner Biographie dem Leben und Denken des eigenwilligen Philosophen Michel de Montaigne nach, der sich im 16. Jahrhundert, in einer Zeit grausamen Bürgerkriegs zwischen Katholiken und Calvinisten grundlegende Gedanken über das menschliche Wesen und über die Möglichkeit eines friedlichen Zusammenlebens macht.

birgit birnbacher, wovon wir lebenSeit die vielgepriesene Arbeit selbst bei Arbeiterparteien ihren Stellenwert verloren hat, sinnieren immer mehr an den Rand der Gesellschaft gestülpte Menschen während ihrer Spaziergänge als Freigesetzte darüber nach, „wovon wir leben“.

In der Literatur wird das Thema Arbeit für jede Generation neu aufgerollt, wie sich ja auch die Arbeit stets neu einkleidet und den Menschen an den Hals wirft. Mit der sogenannten Literatur der Arbeitswelt übernahm im vorigen Jahrhundert die Literatur für kurze Zeit gar die Themenhoheit in der Politik, mit den Aktionen „Bitterfelder Weg“ (DDR) und „Grabe wo du stehst“ (BRD / AUT) wurde für kurze Zeit die Politik literarisch und die Literatur politisch – der Traum aller Germanisten.

gerhard ruiss, kanzlerresteDie politische Realverfassung eines Landes zeigt sich nicht zuletzt im Sprachgebrauch. Einerseits werden Begriffe immer bedeutungsloser und austauschbarer, wenn sie in den politischen Diskurs geraten, anderseits werden sie auch stets lächerlicher und verpönter, bis hin zum berühmten N-Wort.

Am Beispiel des österreichischen Sprachgebrauchs von „Kanzler“ lässt sich vortrefflich zeigen, wie durch permanenten Fehlgebrauch einer neutralen Berufsbezeichnung innerhalb eines Generationswechsels ein Schimpfwort geworden ist, das auf dem Weg zur kompletten Verachtung ist.

damien tricoire, die aufklärung„Das vorliegende Buch ist sicherlich nicht die erste Einführung in die Geschichte und Kultur des 18. Jahrhunderts, die Einblicke in die Forschung gibt. Dennoch glaube ich, dass es sich von anderen Überblicksdarstellungen unterscheidet, weil es in einem besonderen Maße einen Spagat wagt: Das Buch versteht sich einerseits als eine Einleitung in die Geschichte und Ideenwelt der Aufklärung für Studierende […]. Andererseits durchziehen dieses Buch manche Thesen, die nicht zum Standardrepertoire in der universitären Lehre gehören und in der Forschung zum Teil umstritten sind.“ (S. 9)

Der Autor seinen neuen Blickwinkel auf die Rolle und Bedeutung der Aufklärung, die der allgemeinen Sicht der Aufklärung als Aufbruch in das mündige und selbständige Denken in Europa entgegentritt und auch auf die zahlreichen Schattenseiten der Aufklärung verweist. So z.B. auf die Rolle der Aufklärung in Bezug auf Kolonialismus und Rassismus, die kritisch untersucht werden.

martin wanko, eisenhagel 2 - die krahDie Genres „Krimi“ und „Provinzi“ gehen auf das gleiche Grundelement zurück. Sowohl der Kriminalroman als auch der Provinzroman sind als unendliche Geschichte angelegt, die bis zu einem Dutzend an Fällen oder Episoden verkraftet, ohne dass sich was ändert.

Martin G. Wanko macht sich abermals über „Eisenhagel“ her. Unter diesem Begriff ist ein kaputter Ort gemeint, aus dem Kohle und Eisen und wohl auch die Lebenslust abgehauen sind. Aber bei längerem Hineinlesen und Mitfiebern mit dem Ort stellt sich bald einmal heraus, dass es sich bei Eisenhagel um ein Lebensgefühl handelt, das einerseits als Musik mit der ganzen Welt in Verbindung steht und andererseits in den Verhältnissen und Beziehungen einen sehr mickrigen Mikrokosmos darstellt. Eisenhagel könnte man mit einem Seufzer beschreiben: „Jemand ist Eisenhagel-voll!“

david graeber, schuldenWarum Schulden? Was macht diesen Begriff so seltsam mächtig? […] Aber niemand scheint genau zu wissen, was es damit auf sich hat, oder dar über nachzudenken. Gerade weil wir nicht wissen, was Schulden sind − die Dehnbarkeit des Begriffs ist zugleich die Grundlage seiner Macht. Wenn die Geschichte etwas zeigt, dann dies, dass es keine bessere Methode gibt, auf Gewalt gegründete Beziehungen zu verteidigen und moralisch zu rechtfertigen, als sie in die Sprache von Schuld zu kleiden – vor allem, weil es dann sofort den Anschein hat, als sei das Opfer im Unrecht. (S. 11)

Der englische Anthropologe David Graeber geht der außergewöhnlichen wissenschaftlichen Frage nach dem Wesen von Schulden als Relation im Beziehungsgeflecht menschlicher Gesellschaften nach. Dabei spannt er einen Bogen von mehr als 5.000 Jahren, von den ersten nachweisbaren Schulden bis in unsere Gegenwart, in der Schulden die gesellschaftlichen Verhältnisse ganzer Staaten dominieren können.