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„Wer spielt, konsumiert nicht. Wer spielt, benutzt nicht. Wer spielt, begegnet dem anderen als einem Gegenüber auf Augenhöhe. Deshalb ist das Spiel in einer von der instrumentellen Vernunft des Ökonomismus beherrschten Welt eine subversive Kraft. Spiele öffnen Räume unbedingter Sinnhaftigkeit, auch wenn kein Zweck verfolgt und kein Nutzen anvisiert wird.“ (17)

Spielen ist mehr, als nur eine Möglichkeit die Langeweile zu vertreiben. Spielen ist das Wechselspiel aus Versuch und Irrtum, mit dem es bereits unseren Vorfahren gelungen ist, immer neue Entdeckungen und Entwicklungen zu machen. Das Spiel ist dem Menschen genetisch vorgegeben, er muss seine Möglichkeiten erst durch spielerisches Lernen entwickeln.

Wenn man einem Außerirdischen die gebräuchlichste Form der Kommunikation erklären wollte, müsste man zuerst das Gesprächsgegoogle erklären. Jemand beginnt einen Satz, weiß aber nicht, was das nächste Wort bedeutet, googelt es, und setzt dann mit dem Satz fort. Ähnlich reagieren manche Zeitgenossen, die besonders mundartlich unterwegs sind, sie beginnen den Satz, schlagen im Taschenmundartbuch nach, wie das nächste Wort am besten klingt, und sprechen es dann aus.

In der Zeit der Globalisierung erleben Regionalismen und lokale Eigenheiten eine neue Blütezeit. Besonders beliebt sind dabei ausgestorbene Wörter, die man als semantische Schnäppchen durch die Konversation trägt. Die lokalen Heroen Dolomiten und ORF-Tirol haben jetzt das Wörterbuch der Südtiroler Mundarten herausgebracht, damit beim Anwenden der Mundart die Trefferquote richtiger Bedeutungen steigt.

Wenn es einem Dichter gelingt, den archaischen Lebenskampf durch Saufen zu unterlegen und dabei noch Patriotismus zu entwickeln, steht einem flächendeckenden Absingen seiner Hymnen nichts mehr im Wege.

Robert Burns 1759 – 1796 gilt nicht zuletzt deshalb als schottischer Nationaldichter, weil seine Gedichte und Songs oft nahe an der Gerste und dem schottischen Überlebensmittel Whiskey angesiedelt sind. Seine Texte sind voll von Widerstandskraft, Lebenswillen, Aufmüpfigkeit und Partisanenwesen. Diese Zutaten sind für den Kampf gegen Invasoren, feindlich-religiöse Übernahmen oder schlicht dem Entkommen eines dürftigen Alltags unentbehrlich.

Von manchen Gegenden genießt man ein Leben lang ihren guten Klang und trägt den Wunsch vor sich her, sie einmal aufzusuchen. Der Oderbruch ist so ein Faszinosum, das wir vor allem dann in den Medien sehen, wenn alles unter Wasser steht.

Holger Brüns hat sich vor Jahrzehnten im Oderbruch niedergelassen, zuerst als Wochenendaussteiger, dann als historisch neugieriger Chronist und schließlich als Künstler, der den Oderbruch als Gestaltungsraum nützt. „Dort wo anscheinend nichts geschieht, ist der Zuhörer eingeladen, seine Konzentration anzuwenden.

Manchmal erzählt ein winziger Druckfehler eine ganze Geschichte der Hoffnung und Unsterblichkeit. Im Abschlusskommentar zum dritten Band „Das Gedächtnis der Wellen“ von Gerhard Kofler wird sein letztes Gedicht auf 24. August 2015 datiert, ein logischer Gedanke, denn niemand kann es noch glauben, dass der Autor 2005 gestorben ist.

Der dritte Teil der Vermächtnis-Trilogie gibt den Abschnitten „Argentinischer Settebello“, „Allein und italienisch“ sowie „Meeressammlungen“ Quartier. Das Überraschende und beinahe Unglaubliche dieser Gedichte besteht in der einseitigen Sprache des Italienischen. Es wird stark gerätselt, warum Gerhard Kofler das Modell der Tandem-Dichtung aufgegeben hat, worin Italienisch – Deutsch zusammengeschweißt sind, undenkbar, dass man eine der beiden Sprachen herauslöste oder bevorzugte.

In einer Zeit, wo wegen Terroranschlägen wöchentlich eine Urlaubsdestination aus den Tourismus-Katalogen verschwindet, ist es gar nicht so einfach, einen Krimi von der Urlaubssonne ausleuchten zu lassen.

Eva Gründels Krimi „Mörderhitze“ ist nicht nur, weil er beim abgerundeten Verlag ohne Schärfe erscheint, eine ziemlich harmlose Angelegenheit. Kroatien ist offensichtlich noch als Thema frei gewesen, weshalb sich die Autorin für diese lange Küstenlandschaft entschieden hat, die man auch im Krimi am besten mit der Yacht zurücklegt.

Hinter jedem gelungenen Buch steckt eine vollkommene Bibliothek. Manchmal bedanken sich Autorinnen und Autoren bei diesen Bibliotheken, andere setzen auf den Genie-Begriff und behaupten, sich alles selbst aus den Hirnwindungen gesogen zu haben.

Ursula Flacke setzt an das Ende des historischen Romans vom „Mädchen aus dem Vinschgau“ zwei Anmerkungen, einmal bedankt sie sich bei der Schlanderer Bibliothek, die ihr diesen regionalen Stoff erst zugänglich gemacht hat, andererseits betont sie das Fiktionale des Romans, worin Kernfiguren, Kernzeiten und  Kernhandlungen aus einer Unmenge von Möglichkeiten herausdestilliert sind. So spielt das „Mädchen aus dem Vinschgau“ komprimiert um das Jahr 1519.

Eine hohe Erzählkunst erkennt man daran, dass sich der Autor überflüssig macht, klont oder frisch gleich im eigenen Text untertaucht.

Alfred Paul Schmidt erzählt mit süffisanter Raffinesse, wie sich ein Autor selbst im Weg steht und sich dann selbst aus dem Weg räumt. Zu diesem Zweck wählt er das Genre des literarischen Insiderromans, der vorgibt, nur ausgewählte Insider der literarischen Szene könnten das Geflecht an Intrigen, Vorspiegelungen und Verhöhnungen verstehen.

Bis herauf zur Jahrtausendwende sind in Österreich am flachen oder steilen Land noch fliegende Bibliothekare unterwegs gewesen, die die öffentlichen Büchereien fallweise mit Lesestoff versorgt haben. Klassische Bücherbusse sind noch in Salzburg und Graz unterwegs , worin sich das Publikum in den Vororten mit Literatur eindecken kann.

Christopher Morleys hundert Jahre alter Roman „Eine Buchhandlung auf Reisen“ gilt allen mobilen Leseeinrichtungen als augenzwinkernd gehaltenes Vorbild. Ein Professor und Büchernarr aus der Stadt fährt aufs Land, um seinen Parnassus samt Pferd Pegasus dem Landwirt Andrew zu verkaufen. Doch da fährt dessen Schwester Helen dazwischen und kauft den Pegassus selbst, denn sie will endlich in die Welt hinaus und lesen.

Zum freiwillig Lesen gehören immer ein Schuss Romantik und der Glaube daran, in ein halbwegs logisches und überschaubares Gebiet vordringen zu können. Viele Linke haben in den Sechziger Jahren anhand der bunten Suhrkamp-Bücher das Lesen gelernt und schwärmen heute noch davon, wie logisch, bunt und heimelig damals alles gewesen ist.

Robert Misik erzählt für Neueinsteiger, was Linke so lesen, wie linke Protagonisten getickt haben und welche Gedankengänge wann und warum in den Vordergrund getreten sind. Gleich zu Beginn räumt er mit dem Mythos auf, wonach in der linken Szene besonders viel gelesen und gedacht würde, das Danken verteilt sich dünn gesät auf alle Schichten und Gedankenträger.