Belletristik und Sachbücher

Andrzej Stasiuk, Der Stich im Herzen

h.schoenauer - 30.11.2015

Manche Gegenden sind so zerfleddert und zerlegt, dass sie nur mit einer Naht quer durch das Herz zu einem Bild zusammengeflickt werden können.

Andrzej Stasiuk schreibt vornehmlich über Grenzen, entkoppelte Gebiete, aus der Gravitation gefallene Gesellschaften. Der aktuellen Sammlung von knapp fünfzig Fernweh-Geschichten sind sechs Richtschnüre vorgespannt, wie man sich diesen Emotionen nähern könnte.

Herbert J. Wimmer, Tote im Text

h.schoenauer - 27.11.2015

Wenn jedes zweite Buch, das erscheint, ein Thriller ist, dann muss zwischendurch die Thriller-Paste auf Laborproben gedrückt und analysiert werden.

Herbert J. Wimmer, der Meister der fiktionalen Untersuchungen mit fiktionalen Mitteln, tut sich in der Irritation „Tote im Text“ die Mühe an, aus Hunderten von Mustern einen Ur-Thriller herauszudestillieren und diesen gleich zu einem Giga-Knüller aufzublasen. Denn je größer der Fall, umso größer die Spannung, oder doch nicht.

Andrew Keen, Das digitale Debakel

andreas.markt-huter - 25.11.2015

„Je mehr wir das digitale Netzwerk von heute nutzen, umso weniger wirtschaftliche Werte schafft es. Es sorgt sich nicht um ökonomische Gerechtigkeit, sondern ist der Grund für die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich und für die Aushöhlung der Mittelschicht.“ (7f)

Der Traum der Gründerjahre scheint endgültig geplatzt zu sein, wo in das Internet noch die Hoffnung auf den endgültigen Sieg der Demokratie gesetzt wurde, der durch eine pluralistische, für alle zugängliche Informations- und Meinungsfreiheit, fernab von staatlicher Kontrolle erreicht werden sollte. Heute, rund 25 Jahre nach dem Start des World-Wide-Webs hat das „freie“ Internet zu einer radikalen Umstrukturierung der Wirtschaft geführt, die hierarchisch strukturiert, monopolisiert und von einer neuen Oligarchie beherrscht wird.

Jürgen Genthner, Therapienovelle

h.schoenauer - 23.11.2015

Eine Altherrenrunde, die sich regelmäßig dem Canasta hingibt, ist wahrscheinlich das Stabilste und Staatstragendste, was einem Staat wie Österreich passieren kann.

In Jürgen Genthners „Therapienovelle“ versammeln sich regelmäßig vier Typen Marke Hofrat um den Canasta-Tisch, alle haben es in jene Sphären der Macht geschafft, wo einem nichts mehr passieren kann und wo dann auch nichts mehr passiert.

Joachim Gunter Hammer, Die Schattenflöte

h.schoenauer - 20.11.2015

Wenn sich Siebzehn-Silber über das Land legen, naturgemäß silbrig, denkt die lyrische Seele an dieses fernöstliche feine Netz, das dort in Gestalt von Haikus Nächtens über die Hügel gelegt wird.

Joachim Gunter Hammer steckt seinen Kosmos im steirischen Hügelland unter die magische Silbendecke und bestrahlt alles mit poetischen Partikeln, die dem Kürbis den letzten Glanz verleihen.

Ilse Kilic / Fritz Widhalm, Und wieder vergisst der Tag dann die Nacht

h.schoenauer - 18.11.2015

Das Tau der Zeitgeschichte wird aus vielen Fasern geflochten, nur die Vielfalt der Darstellung kann der jeweils komplexen Gesellschaft halbwegs gerecht werden. Freilich beschränkt sich die jeweilige Literaturwahrnehmung oft auf ein paar schwarz-weiße Strähnen, denn wenn schon der Stoff kompliziert ist, soll für schlichte Zeitgenossen wenigstens die Darstellung einfach sein.

Ilse Kilic und Fritz Widhalm gehen mit ihrem Verwicklungsroman von vorneherein der aktuellen Krimi- und Kindheitswelle aus dem Weg und erzählen eine Strickleiter durch die Gegenwart. Dabei ist ein Strang ziemlich zeitnah an den Publikationstermin geknüpft, während der andere Strang so im Abstand von dreißig Jahren aufgearbeitet wird.

James Risen, Krieg um jeden Preis

andreas.markt-huter - 16.11.2015

„Gier und Macht sind stets eine gefährliche Mischung. Zu Kriegszeiten dehnt sich die Macht aus, und leicht folgt ihr die Gier auf dem Fuße. Je mehr die amerikanische Infrastruktur zur Terrorbekämpfung wächst, desto schwerer ist es geworden, sie unter Kontrolle zu halten.“ (12)

Der zweifache Pullitzer-Preisträger und Journalist der New York Times ist seit 2009 in einen langwährenden Rechtsstreit mit der amerikanischen Regierung verwickelt, denen er sich aufgrund seiner Aufdeckungen und Veröffentlichungen ausgesetzt sieht. Mit seinem Buch will er der Regierung in ihrem Kampf gegen offensiven, investigativen Journalismus entgegentreten.

Valerie Fritsch, Winters Garten

h.schoenauer - 13.11.2015

Seit Jahrhunderten gilt der Garten sowohl in seiner floristischen als auch in seiner literarischen Form als der Inbegriff für das Paradies.

Valerie Fritsch stellt in ihrem Weltuntergangs-Roman „Winters Garten“ einen Anton Winter als Endzeithelden vor, der sich mit einem Garten noch eine Zeit lang hinaus rettet in den endgültigen Untergang.

Helwig Brunner, Denkmal für Schnee

h.schoenauer - 11.11.2015

Was für ein schöner Widerspruch! Das für Jahrhunderte gedachte Denkmal trifft auf den filigranen Schnee, der immer zur falschen Zeit kommt.

Helwig Brunner ritzt in seinen Gedichten die Welt auf einer Widerspruchsskala auf, was eindeutig beginnt, endet in einem Fluxus an Sinn, was zufällig durch die Jahreszeit stäubt, endet als Schwall von Atmosphäre, selbst die lyrische Antimaterie kann durch geschickte Versuchsanordnung dazu gebracht werden, in einem Gedicht auszukristallisieren.

Wolfgang Hetzer, Politiker, Patrioten, Profiteure

andreas.markt-huter - 09.11.2015

„Nach jüngsten Umfragen des Marktforschungsnetzwerks WIN/Gallup unter 12750 Personen in 13 Ländern wächst in vielen Staaten Europas die Europa-Skepsis und immer mehr Europäer gehen auf Distanz zur Europäischen Union.“ (13)

Niemand kann leugnen, dass sich die Europäische Union schon seit längerer Zeit in einer schweren Krise befindet. Besonders deutlich traten die Spannungen und fehlende Solidarität mit der Griechenlandkrise zu Tage und kulminierten anschließend mit der europäischen Ratslosigkeit bei der Flüchtlingskrise. Wolfgang Hetzer analysiert und kommentiert die Entwicklungen in der EU in den letzten Jahren und zeigt auf, was getan werden muss, um Europa zu retten.