Kerstin Wacker / Henrik Hitzebleck, Herr Katz, Isolde und ich
„Ich werde selber ein Buch machen! Und zwar über Thies. Ich will alles aufschreiben, was in den ersten Monaten seines Lebens passiert. Und wenn er später groß ist, kann er alles aufschreiben, was er als kleine Kind alles erlebt hat.“
Amra ist fast neun Jahre alt und geht in Berlin zur Schule. Sie ist begeisterte Leserin und beschließt, für ihren noch ungeborenen Cousin Thies ein Buch zu machen, in dem er alles nachlesen kann, was sich während seiner ersten Lebensmonate alles ereignet hat.
Erzählungen verhalten sich oft wie ein feines Netzwerk, die einzelnen Stationen sind lose und mit hauchdünnen Kontakten unter einander verbunden. Und auch die diversen Figuren hängen zwar angeschlagen in den Seilen ihres eigenen Schicksals, halten aber ab und zu noch Ausschau, wie es den Partnern so geht.
„»Das Schicksal nimmt keine Rücksicht, Kalia.« Er deutet mit dem Finger zum Fenster. Schon wanderten die Sterne zur Mitte des Himmels hinauf. »Drei Sterne für drei Kinder, genau wie es in der Prophezeiung geheißen hat. Kalia, auch der König wird die Sterne sehen. Nun kann ich deine Kinder nicht mehr geheim halten.«“ (12 f)
„Die Menschen lieben Listen. In der Buchwelt bilden sie ein eigenes Genre: Die besten Bücher des Jahrhunderts; 100 Bücher, die man gelesen haben muss, bevor man stirbt; und so weiter. Auch dieses Buch gehört dazu, es ist eine Liste von wunderbaren Werken, die dem Leser Vergleiche mit und Verbindungen zu anderen Kulturen und Zeiten aufzeigt.“ (8)
„Seit es Menschen gibt, träumen sie vom Fliegen. Und genauso lange haben sie Angst davor. Noch bevor die ersten Flugzeuge erfunden wurden, erzählten die Menschen Geschichten von fliegenden Göttern, Geistern und Pferden.“ (8)
Die wirklich guten Krimis sind literarisch gesehen einfach Romane und umgekehrt werden gute Romane offensichtlich aus Markt-Gründen oft als Krimis ausgegeben.
„Es war einmal ein Morgen, in den die halbe Welt hineinpasste. Und außerdem der Weg, die Katze und der Zaun. Mitten auf dem Weg aber wuchs etwas.“
Was wie ein Urologen-Befund klingt, ist in der Literatur eine Äußerung der mehrsprachigen Autorin Yoko Tawada. „Es kann für mehrsprachige Dichterinnen und Dichter ein Vorteil sein, wenn die Wände in ihrem Gehirn 'nicht ganz dicht' sind. Durch die undichte Wand sickert der Klang einer Sprache in eine andere hinein.“ (27)
„Er lief einen Bergpfad entlang. Rannte verzweifelt. Verfolgt von schwarzen Schatten, die ihn packen wollten, kaum mehr als Löcher in der Luft, aber an ihren Absichten bestand kein Zweifel. Der Junge befand sich in unglaublicher Gefahr und er brauchte meine Hilfe.“ (6)
„Sie haben bestimmt schon mal gehört, wie ein Politiker sagte: »Wir müssen jetzt alle den Gürtel enger schnallen!« - Und natürlich verstanden sie sofort, dass »Sparmaßnahmen« anstehen. Doch irgendein Verdacht sagte Ihnen, dass wahrscheinlich diese Maßnahmen nicht den Politiker betreffen würde, sondern uns, die Bürger.“ (9)