In der Literatur ist erst dann etwas Realität, wenn es in einem Buche steht, und auch vom Glück weiß man in der Literatur nur, dass es dann eintritt, wenn man es in einem Buch nachlesen kann.

So gesehen ist es nur logisch, dass der Schriftsteller Alois Schöpf sich seine Glückserfahrungen erst glaubt, seit er sie aufgeschrieben hat. Als Tiroler Autor unterliegt er zudem noch der unausgesprochenen Verpflichtung, zumindest ein Werk entweder über Berge, Almen oder eben dem Gehen verfassen zu müssen.

Manche Lebensformen sind so überzeugend, dass sie in jeder Generation neu erarbeitet und erzählerisch aufgetischt werden müssen. Eine dieser edlen Überlebensphilosophien ist der Oblomowismus, worin der Held mehr oder weniger im Bett liegend das Leben bewerkstelligt und zu Ende bringt.

Johannes Gelich schickt in seinem Roman einen zeitgenössischen Ich-Erzähler aufs Kanapee und in den Rollstuhl. Er ist knapp über vierzig und gehört der Erben-Generation an. Seine Eltern haben ihm und seiner Schwester jeweils eine Hälfte eines Doppelmietshauses vererbt, während die Schwester ihren Teil in Schuss hält, lässt der Erzähler seinen vergammeln, weshalb er anteilsmäßig entmündigt werden soll.

„Es gibt die Dinge die gewesen sind, und die Dinge, die noch nicht gewesen sind.“ (7)

Katie D´Amore ist 16 Jahre alt und hat vor acht Monaten ihre Mutter verloren. Gemeinsam mit ihrem Vater, einem Restaurator für alte Gemälde, versucht sie mit dem schmerzlichen Verlust fertig zu werden. Während ihr Vater sich in seine Arbeit als Restaurator stürzt, um sich abzulenken, nimmt Katie einen Ferialjob an und gräbt mit weiteren jungen Kollegen den wunderschönen Park der alten Miss Martine um. Aber irgendetwas scheint nicht mit Miss Martine, dem alten Haus und dem großen Park zu stimmen.

Jede Idylle birgt immer auch das Grauen in sich. – Dieser dramaturgischen Grunderkenntnis huldigt Gustav Ernst mit seiner Familien-Groteske „Grundlsee“.

Der Roman nützt die Eloquenz von Familientratsch, um letztlich eine Tragödie nach der anderen zu erzählen.

„Am Sonntag ruht sich die ganze Familie vom Umzug aus. Weil morgen wieder der Ernst des Lebens beginnen wird, schlägt Mama vor, heute viel miteinander zu machen. Gemeinsam zu spielen! Papa zieht zwar ein schiefes Gesicht, aber am Ende gibt er nach. Er hat eingesehen, dass der Montag für die Kinder nicht ganz einfach werden könnte … erster Tag in der neuen Schule.“ (57)

Für Ricki und seine Schwester Rosa steht eine große Veränderung ins Haus: sie werden mitten im Schuljahr in ein neues Kölner Stadtviertel umziehen und somit beide die Schule wechseln müssen. Ricki ist beinahe zwei Jahre jünger als seine ältere Schwester Rosa, die ihren Bruder meist nur lästig findet und abfällig Ricki Spitzohr nennt. Wenn es jedoch um wichtige Dinge geht, halten die beiden aber meist zusammen.

Große Kulturen entwickeln auch immer eine eigene politische Kultur. Italien ist einerseits eine sehr junge Demokratie, andererseits eine sehr dynamische, oft ins Extrem gehende.

Der Schriftsteller und Richter Giancarlo De Cataldo hat aus Gründen der politischen Hygiene eine eigene Erzählgattung entwickelt: Den Italo-Thriller der politischen Art.

Eine fette Festschrift ist natürlich immer eine Gaudi für die geehrte Person, aber man sollte sich auch als Leserin und Leser ordentlich freuen, dass es ab und zu helle Köpfe im Land gibt wie Hans Heiss, der imstande ist, eine fette Festschrift über die Zivilgesellschaft auszulösen.

Im Bereich der regionalen Zivilgesellschaft gibt es naturgemäß viele weiße Flecken, das Thema steht erst am Anfang der Diskussion, dennoch bemüht sich Hans Heiss schon ein Leben lang, eine politische Kultur der regionalen Identität zu entwickeln, die die bürokratisch angehauchte Zentralverwaltung in Brüssel ergänzt, manchmal auch zu ihr in Opposition steht.

Das so fröhlich klingende Genre Hypo-Roman ist natürlich eine ernsthafte Sache. Nach der griechischen Vokabel „hypo“ für „unten, darunter“ ist der Hypo-Roman eine Darstellung, die in die Tiefe geht und Phänomene der Oberfläche im Untergrund weiter verfolgt. Zwischen 2013 und 2014 werden in Tirol zehn Hypo-Romane erscheinen.

Martin Kolozs stellt in seinem Hypo-Roman einen vorgeblichen Glückspilz vor, der auf der Suche nach seinem persönlichen Glück in eine Zeit- und Beziehungsschleife gerät. Der Roman beginnt damit, wie der Protagonist Noah zusammen mit einem Therapeuten die Sprache erlernt. Am Schluss des Romans ist der Held wieder am Beginn seiner Bemühungen angelangt, zwar haben sich viele Begebenheiten ereignet, aber sie sind weder logisch noch chronologisch geordnet.

„Man sieht sie in lieblichen Gärten mit ebenso lieblichen Mädchen, blumenbekränzt auf berühmten Wandteppichen und in Märchenbüchern. Aber diese Einhörner gehören der Vergangenheit an, einer Zeit, in der es noch Blumen und Bäume gab, Wiesen und Wasser, vor allem Wasser.“ (5)

Die Geschichte vom Einhorn, das sich auf die Suche nach anderen Einhörnern macht, spielt in einer düsteren Zukunft, in der die Erde durch den Raubbau des Menschen zu einer öden Wüste verkommen ist.

Bibliothekare sind bekannt dafür, dass sie in verschiedenen Realitäten gleichzeitig leben können. Gleichzeitig gilt ihr Leben oft als so unaufgeregt, dass sich kaum daraus eine Story machen lässt.

Robert Kleindienst fasst gerade aus der Spannung zwischen aufregender Fiktion und trivialer Realität seinen Helden aus und schickt den Bibliothekar Simon Selander durch einen Dschungel von Alpträumen, Realitätsbrüchen und Fleisch gewordenen Buchinhalten.