Auszählreime sind oft die beste Struktur, um ein raffiniertes Menschenschicksal darzustellen.

Renate Scrinzi stellt ihrem Roman „Und Emilio lächelt“ eine markante Faustformel des legendären tschechischen Langstreckenläufers Emil Zátopek voran: „Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.“ (5)

In der Literatur gibt es oft ein strenges Ranking verschiedener Nachrichten. So muss fallweise eine Verwandtschaftsbeziehung einem Text vorausgestellt werden, damit sich die Leserschaft anschließend voll auf den Text konzentrieren kann.

Im Falle von Marlene Schwarz muss man einfach wissen, dass sie die Schwester von Herbert Rosendorfer ist, und dieser beschreibt jene in einem Vorwort als die Strukturierteste und Emsigste unter den Geschwistern.

In guten Mundarten laufen die Verkleinerungsformen von Tod und Todel (Trottel) fließend in einander über. Wenn also das Tödlein grinsend mit dem Mädchen mit den roten Haaren hinter einem Stück Wäsche hervor lugt, haben wir es mit einem fröhlichen Buch zu tun.

Für die existentielle Fröhlichkeit garantieren der Texter Norman T. Grant, der aus dem kleinen Nest Danville nie weggekommen ist in der Hoffnung, dass ihn der Tod in diesem Nest nicht findet, und der farbfröhliche Christian Yeti, der aus seinem Geburtskaff Oberletzen weggezogen ist, weil alles andere den Tod bedeutet hätte.

Wer für seine Aufzeichnungen einen klugen Titel findet, kann damit vielleicht in einem Satz sein Leben beschreiben. Nilpferde unter dem Haus – was für bemerkenswerter Titel!

Der Schweizer Erfolgs-Dramatiker und Krimischriftsteller gibt seinen Tagebüchern aus dem Jahr 2001 sowie den Aufzeichnungen zwischen 2008 und 2011 diese mysteriöse Bezeichnung, die auf einen markanten Traum zurückgeht.

Philosophische Maßeinheiten sind bekanntlich immer von der Situation abhängig. Und schon Adalbert Stifter hat im Sanften Gesetz das sogenannte Große von hinten her, von der Stille und Überschaubarkeit her aufgezäumt.

Selma Mahlknecht geht in sieben Erzählungen der Unverhältnismäßigkeit von Größe und Wirkung nach.

Neben dem Tod gilt dem gelernten Österreicher der Antritt der Pension als der Höhepunkt des Lebens.

Walter Kappacher schickt seinen Helden, den an der Pensionskippe stehenden Arzt Wessely, in drei Kapiteln zum ultimativen Lebenskick. Unter den philosophisch abgehangenen Begriffen Vita nuova (7) / De vita beata (43) / La vita breve (129) reflektiert der Held sein Leben und versucht, möglichst zeitlos und gelassen alles zu ordnen, was bisher mit ihm geschah und vielleicht noch geschehen wird.

Die kompliziertesten Verhältnisse sind oft auf scheinbar handfesten Bausteinen aufgebaut. So besteht diese medizinische Unbefindlichkeit einer Herzrhythmusstörung eigentlich aus den lyrischen Grundbausteinen Herz Rhythmus Störung.

Daniela Dill zerlegt in ihrer Poesie die vertrackte Gegenwart in Grundelemente und überlässt es dem Zuhörer, sich daraus ein eigenes Weltbild zu bauen.

Einem Massiv lässt sich in der Geologie nur durch einen Tunnel begegnen, ähnlich geht es in der Erzählkunst zu: Wenn etwas zu hart ist für die oberflächliche Darstellung, muss man semantisch unten durch.

William H. Gass lässt seinen Protagonisten nichts Geringeres versuchen, als ihn in ein Loch durch das Nazi-Deutschland zu schicken, freilich in einer ziemlich granitenen Form. Von der Handlung her geht es noch halbwegs überschaubar zu, ein gewisser Kohler hat eine Germanisten-Arbeit geschrieben „Schuld und Unschuld in Hitlerdeutschland“.

Was macht eigentlich ein Dichter, wenn er nicht gerade auf der Bestenliste herum klettert und Interviews gibt? - Er spukt Blut und trinkt Bier.

Franz Xaver Kroetz schenkt seinen alt und kaputt gewordenen Protagonisten nichts, in den fünfzehn plus zwei Geschichten taucht fast immer der erfolgreiche Star aus früheren Zeiten auf. Meist sind es nur große Sätze, die aus dieser Epoche geblieben sind, große Sätze vom Schreiben, wenn etwa der Satz schon im Kopf da ist, aber noch ein paar Bier braucht, dass er in die Tastatur fallen kann.

Was vielleicht aus einem Bericht eines Überwachungscorps stammt, ist auch die Grundvoraussetzung für Literatur: Die Zusammenkunft von Ereignissen oder Personen ist das Gerüst für jede Erzählung.

Walle Sayer, ein feiner Meister poetischer Begebenheiten, nennt seinen Überwachungsbericht „Erzählgeflecht“. Da ist man als Leser sofort erinnert an das Myzel von Pilzen, während wir an einer Stelle den Fruchtstängel begutachten, ist der Pilz in Größe eines Fußballfeldes als Geflecht unter unseren Füssen.