Frida Nilsson, Sem und Mo im Land der Lindwürmer
„Ich habe einen kleinen Bruder. Mortimer heißt er und er ist acht Jahre alt. Er hat weißblonde Haare und blaue Augen und in einer Wange ein Grübchen. Er ist das Beste, was es gibt, finde ich. Ich habe ihn einfach unglaublich lieb. Manchmal nervt er mich natürlich, aber ich liebe ihn trotzdem. Ich selbst heiße Samuel. Ich bin elf und habe dunkle Haare und sehe wohl ziemlich gewöhnlich aus, würde ich sagen.“
Der elfjährige Sem und sein achtjähriger Bruder Mo leben seit dem Tod ihrer Eltern im Waisenhaus, bis sie eines Tages von Tante Tyra abgeholt werden. Doch die anfängliche Hoffnung, dass ihr Leben bei ihrer Tante endlich besser wird, erfüllt sich nicht. Ihr freundliches Lachen am ersten Tag verschwindet und schon am nächsten Tag werden die Kinder gezwungen, für sie Geschirr aus Silber zu polieren.
Gleich zu Beginn macht Tante Tyra den beiden Brüdern klar, dass sie nicht mehr Sem und Mo heißen, sondern Samuel und Mortimer, und dass ihre Hauptbeschäftigung im Polieren von Neusilber besteht. Der neue Alltag der Kinder ist gekennzeichnet durch Spielverbot und wenig Essen. Wenn Tyra unzufrieden ist, reagiert sie sich mit Schlägen ab, die Sem immer auf sich zieht, um seinen kleinen Bruder zu schützen.
Eines Tages werden sie von ihrer Tante in die Stadt geschickt, um das polierte Neusilber abzuliefern und dafür das Geld zu abholen. In der Stadt treffen sie auf eine sprechende Ratte, die sie mit in das Land das Königreich der Lindwurmkönigin nehmen will. Die Ratte zeigt ihnen den Eingang ins Königreich, doch Sem kehrt um und verjagt die Ratte. Er geht mit dem Geld für die Arbeit nach Hause, wobei er seinem kleinen Bruder erlaubt, auch einmal die wertvolle Münze in der Hand zu halten. Zu ihrem Schreckt fällt Mo das Geld auf einer Brücke in den Fluss fällt. Diesmal wird Mo von Tyra verprügelt, auch weil er sich weigert Mortimer genannt zu werden. Sem schämt sich, weil er sich nicht getraut hat, seinem Bruder zu helfen.
Sem und Mo beschließen ihrer Tante fortzulaufen und machen sich auf die Suche nach dem Eingang ins das Land der Lindwurmkönigin. Sie durchlaufen den Erdtunnel und treffen bald wieder auf die Ratte, die sich freut, kein anderes Kind für die Lindwurmkönigin suchen zu müssen. Königin Indra ist die letzte ihrer Art und wünscht sich nichts mehr als ein Kind. Ihr Hofstaat besteht aus verzauberten Tieren, die sich wie Menschen verhalten und sprechen können.
Gleich von Anfang ist die Königin von Mo begeistert, während sie sich nur wenig für Sem interessiert. Obwohl die Kinder von der Königin verwöhnt werden, fühlt sich Sem zunehmend unwohl und eifersüchtig auf seinen Bruder. Er ahnt nicht, dass die Freundlichkeit der Königin eigene, nicht uneigennützige Ziele verfolgt.
Frida Nilsson thematisiert in ihrem poetischen Kinderbuch den Wunsch nach Geborgenheit und zu wissen, woher man kommt und wohin man gehört. Dabei verwischen häufig die Grenzen zwischen Gut und Böse sowie zwischen Vertrauen und Enttäuschung, wobei die düsteren Elemente durch eine erzählerische Aura der Geborgenheit neutralisiert werden.
Ein überaus spannendes und fesselndes Fantasy-Abenteuer für Kinder, mit starken Charakteren und liebevoll gestalteten Vignetten, das die jungen Leserinnen und Leser kontinuierlich in Geschichte eintauchen und die Entwicklung der einzelnen Figuren miterleben lässt.
Frida Nilsson, Sem und Mo im Land der Lindwürmer. Ill. v. Torben Kuhlmann, übers. v. Friederike Buchinger [Orig. Titel: Lindomars land], ab 10 Jahren
Hildesheim: Gerstenberg Verlag 2022, 400 Seiten, 23,60 €, ISBN 978-3-8369-6149-3
Weiterführende Links:
Gerstenberg Verlag: Frida Nilsson, Sem und Mo im Land der Lindwürmer
Wikipedia: Frida Nilsson
Wikipedia: Torben Kuhlmann
Andreas Markt-Huter, 09-01-2023