Kriminalroman

Chris Adrian, Ein besserer Engel

h.schoenauer - 30.09.2014

Zum Unterschied vom Roman lassen sich bei Erzählungen oft besonders markant die typischen Erzähl-Fräsungen eines Autors feststellen, weil ja jede Erzählung wieder von null beginnt und jedes Mal der ganze Handwerkskoffer ausgepackt werden muss.

Chris Adrian stellt neun solcher Erzähleinsätze vor, die meist mit einem Vorspann eines Kindes beginnen. Also jemand ist gerade sechs oder neun, dann wird das Markante dieser Figur erzählt, ehe Jahre später dann die Kern-Erzählung einsetzt.

Bernhard Aichner, Totenfrau

h.schoenauer - 16.09.2014

Ein kluges Buch wendet sich an die Intelligenz des Lesers und bietet so nebenbei seine Freundschaft an. Wenn das Buch als abgerissener Konsumartikel mit der Brechstange der Werbesemantik auftritt, wird man als Leser vorsichtig.

Bernhard Aichner hat mit seiner „Totenfrau“ einen Durchbruch-Thriller geschrieben, entweder es gelingt ihm jetzt der internationale Durchbruch oder er lässt es in Zukunft bleiben, ist seine Botschaft. Daher geht es in diesem Thriller nicht um eine Geschichte oder eine fiktionale Überlegung sondern um die Anwendung von internationaler Promotion.

Antonio Fian, Das Polykrates-Syndrom

h.schoenauer - 03.07.2014

Alle Krankheiten, die nach alten griechischen Sagenfiguren benannt sind, sind in Wirklichkeit moderne Seelen-Deformationen, die es mit antikem Design zu modischer Anerkennung bringen. Polykrates, der Tyrann von Samos, hat so viel Glück, dass er sich schließlich selbst davor zu fürchten anfängt.

Antonio Fian bringt in seinem Roman „Das Polykrates-Syndrom“ einen modernen Helden ins Spiel, der tatsächlich unwahrscheinlich viel Glück hat, obwohl er das pure Grauen durchlebt. Der Akademiker Artur arbeitet wie in Österreich üblich in prekärer Situation in einem Copy-Shop, seine Frau Renate ist wie in allen Aufsteiger-Ehen Lehrerin mit Aussicht auf einen Direktionsposten.

Edith Kneifl, Blutiger Sand

h.schoenauer - 24.06.2014

Im weiten Land des Krimis ist alles erlaubt, wenn es nur eine Art Handlung dabei gibt. Nach den mühsamen Erzähl-Experimenten gerade der österreichischen Autoren und Autorinnen vor der Jahrhundertwende ist das Publikum mittlerweile so dankbar um jeden Faden Handlung, dass es den Verlagen jeden Krimi aus der Hand frisst.

Edith Kneifl stellt ihren Kriminalroman „Blutiger Sand“ auf eine Erzähldüne, die sich ständig verändert. Nie ist nämlich klar, ob es sich um eine Verhöhnung des Genres handelt oder um eine besonders blumige Karl-May-Ausschmückung mit kriminalistischen Effekten.

Franz Friedrich Altmann, Turrinis Jagd

h.schoenauer - 27.05.2014

Das Wichtigste an einem Roman ist oft das vorangesetzte Motto, oft schreiben Autoren nur einen Roman, um das Motto ins rechte Licht zu rücken.

Franz Friedrich Altmann nimmt naturgemäß als Kabarettist und Fun-Dramaturg die Sache mit dem Provinzkrimi recht ernst und beugt sich zum Publikum hinunter wie zu einem kleinen Kind, wenn er die Schlägereien, Fressereien und tierischen Kopulationen des Mühlviertels beschreibt. Aus dieser Haltung heraus ist auch das Motto zu verstehen: „Für den kleinen Emilian, der noch gar nicht lesen kann.“

Sigrid Neureiter, Kurschattenerbe

andreas.markt-huter - 17.02.2014

Seit im Südtiroler Grenzgebiet Bären zum Auffinden von wild abgelegten Leichen eingesetzt werden, erscheint alles, was in einem Südtiroler Krimi passiert, als höchst wahrscheinlich.

Sigrid Neureiters Krimi aus Südtirol spielt in der Kurstadt Meran und wirft sich gleich mitten in das Gewühle der Relax-Stadt. Ein aufgedonnerter Kongress über Oswald von Wolkenstein ist angesagt, Koryphäen aus den Branchen Musik und Wort tummeln sich auf den Promenaden und zwischen den Veranstaltungssälen herum, es wird viel zur Schau gegrüßt und hinterrücks getuschelt.

Fabian Oppolzer, Kein böses Kind

h.schoenauer - 09.12.2013

Kinder oder Hunde, die sich auffällig benehmen, werden gegenüber der Umwelt oft mit den Sätzen verteidigt, der tut nichts, der ist ein braver Hund, das ist kein böses Kind!

Fabian Oppolzer erzählt von dem auffälligen aber nicht bösen Kind Paul, das offensichtlich schwer beeinträchtigt ist und seine Eltern phasenweise zur Gutmüdigkeit herausfordert.

Daniel Suckert, Kommissar Prohaska - Geldstadt Innsbruck

andreas.markt-huter - 25.11.2013

Das Verbrechen existiert nicht nur immer und überall, es hat auch immer einen handfesten Grund – Geld! Je peripherer das Böse freilich auftaucht, umso kleiner fallen die dabei unterschlagenen Summen aus, so dass es selbst in der Geldstadt Innsbruck meist um Summen geht, die du und ich beiseite räumen könnten.

In Daniel Suckerts Hypo-Roman vom verschlagenen und nach Innsbruck verschlagenen Kommissar Prohaska geht es um diese menschlichen kleinen Unebenheiten, die zwar eine Gesetzesübertretung darstellen, letztlich aber für das Funktionieren des österreichischen Gemeinwesens Voraussetzung sind.

Mortimer M. Müller, Kabine 14

h.schoenauer - 18.11.2013

Kabinen sind der ideale Ort für Abenteuer, ob es sich nun um Sex-, Umkleide-, Telefon oder Seilbahnkabinen handelt.

Mortimer M. Müller lässt ein verdichtetes Chaos in einer der höchsten Seilbahnen über Grund in Kitzbühel spielen, dabei ist es vor allem der atemlose Schnitt in den Hals der Erzählweise, der den Leser den Atem anhalten lässt.

Otto Licha, Sieben

h.schoenauer - 15.11.2013

Vielleicht ist das Leben nur ein Streich, den man sich selber spielt, indem man jeden Tag von einem Lebenssinn in den nächsten stolpert.

Otto Licha schickt in Mark-Twain-Manier zwei Freunde durch das Leben mit der Aufgabenstellung, gefälligst durch Dick und Dünn zu gehen. Schon der Start ist fulminant: „Alessandro war dem Kindergarten noch nicht entwachsen, da beschloss er, Bankdirektor zu werden.“ (7)