Ion Muresan, Acces interzis!
Abrasch ist das seltsame Kunststück, womit auf einem Orient-Teppich die Farbe scheinbar unbeabsichtigt zum Abweichen gebracht wird. Die in Bozen geborene Verlegerin Alma Vallazza nennt ihren neuen Verlag deshalb Büro Abrasch und der erste Band der neuen Serie ist einem Geheimtipp aus Rumänien gewidmet: Ion Muresan!
Schon der Titel erweckt größte Aufmerksamkeit, "Zugang verboten" löst sofort eine Leselust aus, endlich etwas Verbotenes zu lesen. Die Texte sind im rumänischen Original und auf Deutsch abgedruckt, manchmal muss man das Buch quer stellen, weil auch die Texte quer gestellt sind.
An der Germanistik läuft seit Jahrzehnten jener Fach-Witz, wonach ein Professor seltsame Fügungen zur Prüfung gibt und der einzige, der die Klausur positiv abschließt, ist ein Ausländer, der soeben mühselig die deutsche Sprache gelernt hat.
Das ist wahrlich eine intensive Zeit, wenn etwas passiert ist und erst allmählich die passende Sprache für das Geschehen einsetzt.
Aus den Tagen voller Lebens-Schutt lässt sich vortrefflich mit Lyrik ausbrechen, sind Gedichte doch ein weitverzweigtes System, welches im Gebirge im Gipfelkreuz Flimmern auslöst und an der Küste als Leuchtturm getarnt große Sehnsucht verströmt.
Vielleicht sind Gefühle die idealen Mathematiker, denn sie arbeiten punktgenau und stringent, ein ideales Gefühl ist vielleicht zielstrebig wie eine Gerade, und wenn einmal der Wende-Punkt gekommen ist, biegt es ab im rechten Winkel.
Eine karge Tafel, die Umsitzenden löffeln aus einer gemeinsamen Schüssel, in der Mitte vielleicht das Salz.
"Liebt - lebt - vergeht". Was wie ein Abzählreim klingt, ist das literarische Konzept von Oswald von Wolkenstein, aktuell dargestellt im mittleren Band der frischen Oswald-Trilogie von Gerhard Ruiss.
Große Lyrik liest man am besten längs und quer. Der Längsschnitt zieht sich oft über Jahrzehnte und zeigt die Entwicklung eines Autors, die Quer-Fräsung gelingt oft an der Kante eines Themas entlang.
"es war ein tag so wie zum sterben schön / und noch einmal so warm. (15) Üblicherweise sind Gedichte dazu da, Halt zu geben in einer prosaisch eingeebneten Welt voller Logik und Erklärungen.
Manchmal genügt eine Wortinsel, um einen ganzen Lebenslauf zu dokumentieren. Windeln im Wind ist so eine lyrische Fügung, die sofort heftige Bilder evoziert.