Annett Krendlesberger, Zwei Blatt und zwei
Manchmal ist eine Seele so verletzt und aufgewühlt, dass sie nicht einmal mehr mit einem Roman über die Runden kommt, in so einem Fall hilft nur spitze Prosa.
Annett Krendlesbergers „Zwei Blatt und zwei“ ist natürlich ein Roman, wenn man ihn beim ersten Mal durchstreift, in einem zweiten Nachgang bemerkt man als Leser, dass es gerade jene, Schnitt für Schnitt, zertrennte Seelen-Helix ist, die in zwanzig Prosaanläufen als Thema herausgeschält wird.
Im Kapitalismus sind arme Leute die Systemverlierer, mit denen niemand mehr etwas zu tun haben will, wenn man ihnen das Geld abgezapft und nach oben hin umverteilt hat. Diese Armen tauchen dann noch verschämt in diversen Statistiken auf. Der Volksmund freilich verwendet den Begriff „arm“, um eine Schicht von Eigenbrötlern zu beschreiben, die in Ermangelung von Bildung den Konsum-Flow für den Lebenssinn halten.
In der Literatur sind alle Zeiten gleichzeitig vorhanden, wenn wir uns auf den Weg machen, eine Erinnerung, eine Stadt oder eine Freundschaft abzurufen.
„Es ist eine Schwelle, die die wenigsten Deutschen überschreiten: die in eine der zahlreichen Moscheen in unserem Land. Wir wissen sehr wenig über das, was sich in diesen Moscheen wirklich abspielt, und spekulieren doch so häufig darüber – etwa dann, wenn verstörende Videos und Predigten uns aufschrecken.“ (S. 11)
An manchen Tagen steigt die Lyrik aus jeglichem Zeitgeist aus und erzählt etwas vom archaischen Verhältnis zwischen Mensch und Natur, Arbeit und Religion.
Wer muss da nicht zugreifen: ein Buch mit Lesebändchen, saftig-erotischem Stich im Umschlaginneren und draußen am Pergament-goldenen Cover die herausquellenden Worte „Versuch über die Hurerei“!
In fast allen Genres sind Brüder-Paare ein ideales Experimentier-Feld, um zu untersuchen, was genetisch, soziologisch und psychologisch ablaufen muss, dass sich der eine in diese und der andere in jene Richtung entwickelt.
Obwohl es im Deutschen kaum originäre Vertreter des New Journalism gibt, verlangt die Gier des Publikums ungebrochen nach guten Reportagen, die das Herz aufrütteln, weil sie immer miterzählen, wie es zu dieser Reportage gekommen ist.
„Das vorliegende Handbuch dient genau diesen beiden Zwecken: Auf der einen Seite kann es als ein Glossarium der Diskurse über radikale Demokratie gelesen werden, auf der anderen Seite glättet es aber die teils erheblichen Differenzen nicht, sondern sucht stattdessen die wesentlichen Kontroversen auszuleuchten.“ (S. 16)
Wo Tourismus ist, gibt es auch das Tourismus-Bashing. Das hat damit zu tun, dass alle verunsichert sind, wie sie über ein Phänomen diskutieren sollen, das als Industrie die Ausmaße eines Zeitalters erreicht hat. Jeder mit schlechtem Gewissen findet zumindest immer einen, der noch schlechteren Tourismus betreibt.