Aktuelle Buchtipps

 

Manfred Chobot (Hg.): Die Briefe der Hausmeisterin Leopoldine Kolecek

h.schoenauer - 20.10.2016

Damit so etwas Garstiges wie der Kapitalismus funktioniert, muss er flächendeckend angewendet werden und bis in die letzte Ritze des Hauses hineinwirken.

Manfred Chobot versucht schon seit Jahrzehnten, diffusen Phänomenen im Alltag klar auf die Schliche zu kommen. Für das große Kapitel Grundbedürfnis Wohnen, Freiheit und Überwachung bietet sich die Figur des Hausmeisters oder der Hausmeisterin geradezu an. Eingeklemmt zwischen dem Hausbesitzer und dem Wohnungsbenützer braucht es schon sehr viel Gefühl und Sprachgewalt, nicht zwischen den beiden Interessengruppen aufgerieben zu werden.

Andreas Eschbach, Teufelsgold

andreas.markt-huter - 19.10.2016

„»Es gibt ein Geheimnis, das Sie und Ihren Bruder trennt«, sagte sie. Ihre Stimme war dunkel geworden, schien plötzlich die eines anderen Menschen zu sein, aus einem tiefen Schacht zu ihm zu dringen. »Ein zweites Geheimnis wird Sie beide wieder zusammenbringen. Es wird Sie unauflöslich aneinanderketten, bis die Frage beantwortet ist.«“ (10)

Der wenig erfolgreiche Anlageberater Hendrik Busske hält in Zürich Ender der 1990er Jahre für eine Kollegin aushilfsweise ein Geldanlegerseminar. Kurz vor Beginn der Veranstaltung entdeckt er in einem Antiquariat der Stadt ein merkwürdiges altes Buch aus dem Jahr 1880. Er beginnt darin zu lesen und wird wie magisch von der dämonischen Geschichte über einen Alchemisten, dem es mit Hilfe eines geheimnisvollen Steines gelingt, Blei in Gold zu verwandeln, in seinen Bann gezogen. Hendrik stiehlt das Buch kurzerhand und ahnt nicht, welche Auswirkungen seine Tat auf sein zukünftiges Leben haben wird.

Alexander Widner, Stark wie ein Nagel

h.schoenauer - 18.10.2016

Aufregende Bücher können seltsame Reaktionen auslösen, wie etwa, dass Dichter neidvoll wünschen, dieses Buch selbst geschrieben zu haben. Meist verschwinden diese Bücher gleich wieder, weil sie zu gefährlich gut sind.

Im Falle von Alexander Widner ist sein Hammer-Roman vom Nagel jetzt nach zwanzig Jahren wieder stark und spitz als Wieser-Taschenbuch greifbar. Und noch immer frisst der Neid Autoren wie Josef Haslinger, der dieses Buch gerne selber geschrieben hätte.

Karl May, Winnetou

andreas.markt-huter - 17.10.2016

„Weißt du, was ein Greenhorn ist? »Green« bedeutet »grünn« und mit »horn« ist ein Fühler gemeint, wie bei einer Schnecke. Ein Greenhorn ist also jemand, der noch ganz frisch und neu in einem Land ist und seine Fühler vorsichtig ausstrecken muss.“ (9)

Karl Mays Winnetou zählt wohl zu den beliebtesten deutschen Kinder- und Jugendbüchern im 20. Jahrhundert. Wer kennt nicht die Geschichte vom edlen Wilden Winnetou und seinem nicht minder edlen Blutsbruder Old Shatterhand. Christian Loeffelbein hat das Abenteuer im Wilden Westen speziell für Erstleserinnen und Erstleser nacherzählt und sich dabei trotz aller Kürze eng am Original orientiert.

Markus Schauer, Der Gallische Krieg

andreas.markt-huter - 16.10.2016

„Wo schreibt Caesar Geschichte, wo erfindet er sie – und macht das, wenn Worte Tatsachen schaffen, überhaupt einen Unterschied? Diese Fragen stehen stets im Hintergrund, wenn im vorliegenden Buch Caesars Schrift über den Gallischen Krieg, die als eine Stück Weltliteratur gelten muss, vorgestellt und in ihrer raffinierten Machart vor Augen geführt wird.“ (9)

Wohl alle, die in der Schule Latein gelernt haben, sind im Laufe des Unterrichts mit Caesars Werk über den Gallischen Krieg konfrontiert worden. Aber auch für allen andere gilt Caesar als einer der großen Feldherrn der Weltgeschichte. Wie sehr sich Caesar selbst dazu stilisiert und mit welch raffinierten literarischen Mitteln er seinem Kampf um die Macht, jenseits des großen Waffengetümmels ausgefochten hat, zeigt der Altphilologe Markus Schauer überaus eindrücklich in seiner Monographie „Der Gallische Krieg – Geschichte und Täuschung in Caesars Meisterwerk“.

José Sanabria, Wie die Zeit vergeht

andreas.markt-huter - 14.10.2016

„Es war einmal ein Schiff, das fuhr im Licht der Sonne. Es hatte wichtige Leute an Bord. Mit der Zeit gab es modernere Schiffe. Ein Händler kaufte das alte Schiff und transportierte damit schwere Lasten. Als es dafür nicht mehr taugte, benutzte man das Schiff für die Fischerei.“

Ein Schiff, das einmal der Stolz der Meere war und reiche und wichtige Leute transportiert hat, verliert im Laufe der Zeit immer mehr an Bedeutung, bis es schließlich ganz dem Verfall preisgegeben wird. Eine reiche und wichtige Familie erlebt einen ähnlichen Niedergang wie das Schiff. Beider Schicksale treffen sich am Ende in einem hoffnungsvollen Neubeginn.

William Trevor, Ein Traum von Schmetterlingen

h.schoenauer - 13.10.2016

Mit Meistererzählungen wird meist ein Meister geehrt, der für eine Werkausgabe noch nicht tot genug ist, beim Publikum aber bereits das Gütesiegel „zeitlos“ erworben hat.

William Trevor wird wegen seiner Bedächtigkeit oft der Bildhauer der Worte genannt. Neben seinen über zwanzig Romanen, in denen sich meist Helden so in sich entfaltet haben, dass sie kaum noch etwas außerhalb ihrer Reichweite mitbekommen, sind es vor allem die Kurzgeschichten, in denen die Zeit eingefroren wird an einem x-beliebigen Punkt der Biographie mit wenig Aussicht auf Veränderung.

Stefanie Höfler, Mein Sommer mit Mucks

andreas.markt-huter - 12.10.2016

„»Ich glaube, dass fast alle Menschen vom Weltall so fasziniert sind, weil es so weit weg erscheint und wir doch mittendrin sind«, sage ich zu Mucks. »Ich glaube, dass alle Menschen vom Weltall fasziniert sind, weil sie Angst davor haben«, sagte er.“ (32)

Die zwölfjährige Zonja, mit Z, ist in ihrer Klasse eine Außenseiterin, die ihre Pause meist allein verbringt. Sie ist sich nicht ganz sicher, ob das an ihrem Namen liegt, oder daran, dass sie überaus neugierig ist, sich für alles interessiert, alles beobachtet und nach allem fragt. Die Ferien bedeuten für Zonja immer einsames Beobachten. Doch in diesem Jahr entdeckt sie im Schwimmbad einen merkwürdigen großen dünnen Jungen, mit abstehenden Ohren und einem komischen Namen „Mucks“.

Matthias Politycki, Dies irre Geglitzer in deinem Blick

h.schoenauer - 11.10.2016

Im Volksmund wird das Geglotze, das sich die Helden an der Bar kurz vor dem Umsinken in das Antlitz schmieren, lyrischer Blick genannt. Feiner ausgedrückt handelt es sich dabei um „dies irre Geglitzer in deinem Blick“.

Matthias Politycki lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass er das lyrische Handwerk beherrscht. Aus dieser Kompetenz heraus gibt er seine 111 Gedichte in eine Umrahmung, die vorne aus dem idealen Gedicht herausträufelt und hinten mit einem Kellner beschlossen wird, der alles abräumt und die Bude morgenfertig macht.

Rupert Matthews, Abenteuerferien im Regenwald

andreas.markt-huter - 10.10.2016

„Onkel Renaldo nimmt mich mit zu seiner Forschungsstation. Die liegt mitten im Regenwald. Onkel Renaldo beobachtet dort die Tiere in freier Wildbahn. Ich freue mich schon darauf, ihm bei seiner Arbeit zu helfen!“ (5)

Die dreizehnjährige Lisa Santos aus München darf die Sommerferien bei ihrem Onkel Renaldo in Brasilien verbringen. Renaldo ist Wissenschaftler und zeigt seiner Nichte die Tier- und Pflanzenwelt sowie die einheimische Bevölkerung des brasilianischen Regenwaldes.