„Vor langer, langer Zeit gab es zwei Winter: Die Große Winterschwester und die Kleine Winterschwester. Die Große brachte die Unwetter mit, die Stürme, das Schneetreiben, die bitterkalten Nächte, die nicht einmal mit Feuer zu wärmen vermochten. […] Die Kleine Winterschwester, das waren die Seen, die noch vor dem ersten Schneefall zufroren, sodass man darauf Schlittschuh laufen konnte, die Schneeballschlachten, die Schlittenfahrten, der Wintermarkt und das Julfest.“ (S. 9)
In der großen Halle von Nebeldorf versammelt sich während eines heftigen Schneesturmes die Wikingergemeinde, um über den Diebstahl zahlreicher Dinge zu diskutieren. Zunächst steht der zehnjährige Alfred, der die Gemeinde stets mit seinen Streichen verärgert, unter Verdacht. Da aber nicht nur ein Buch, ein Angelhaken und ein Kelch verschwunden sind, sondern auch Brennholz, ein Schmiedeambos und ein schwerer Schild, bleiben nur die Trolle als Diebe übrig.
Ragnar, Alfreds Onkel, der früher eine Frau war, erklärt sich bereit, das Versteck der Trolle im Wald zu suchen und das gestohlene Diebesgut ins Dorf zurückzubringen. Die Aufgabe ist nicht ungefährlich, besitzen die Trolle doch Zauberkräfte, sind klein und schwer zu finden.
Als sich Ragnar auf den Weg in den Wald macht, nimmt Frid, die alte blinde Seherin, Alfred zu Seite und flüstert ihm eine düstere Prophezeiung ins Ohr:
„Wenn er alleine geht, wird niemand ihn je wiedersehen.“ (S. 41)
Daraufhin schleicht Alfred in einem fürchterlichen Schneesturm seinem Onkel in den Wald hinterher. Als dieser ihn bemerkt, schickt er ihn umgehend wieder heim. Halb erfroren, gelingt es Alfred die Hütte der alten Seherin zu erreichen. Von Frida erfährt der Wikingerjunge, dass die Große Schwester sich Alfred geholt hat. Nur die Kleine Schwester kann ihm helfen, seinen Onkel zurückzubringen. Bevor Frida plötzlich verschwindet, deutet sie noch an, dass der nordische Gott Loki in die Angelegenheit verwickelt ist.
Verwirrt und durchgefroren macht sich Alfred auf die Suche nach der Kleinen Schwester und stößt im Wald auf eine merkwürdige Füchsin, die ihn auf magische Weise anzieht und ihr folgen lässt. Als die Füchsin ganz plötzlich wieder verschwindet, stellt er fest, dass er sich allmählich zu verwandeln beginnt. Eine magische Suche nach seinem Onkel beginnt, die den mutigen Wikingerjungen in unbekannte Welten führen wird, in denen zahlreiche Gefahren und Erlebnisse warten.
Das magische Wintermärchen „Die Winterschwestern“ entführt die jungen Leserinnen und Leser in die Welt des hohen Nordens, der Wikinger, die von magischen Wesen bevölkert wird. Die Geschichte erzählt von Mut und Opferbereitschaft, aber auch Mitgefühl und Neugier.
Das atmosphärisch dichte Kinderbuch ist eingebettet in die nordische Welt der Sagen und Mythen und bietet mit seinen starken und liebenswerten Protagonisten ein spannendes Leseabenteuer, das die jungen Leserinnen und Leser durch eine fesselnde Handlung und ausdruckstarke Illustrationen von Beginn an zu fesseln vermag.
Jolan C. Bertrand, Die Winterschwestern. Ill. v. Chevalier Gambette, übers. v. Cornelia Panzacchi [Orig. Titel: Les Sæurs hiver], ab 9 Jahren
Stuttgart: Thienemann Verlag 2024, 224 Seiten, 18,95 €, ISBN 978-3-522-18627-8
Weiterführende Links:
Thienemann Verlag: Jolan C. Bertrand, Die Winterschwestern
Homepage: Jolan C. Bertrand (frz.)
Bēhance: Chevalier Gambette
Homepage: Cornelia Panzacchi
Andreas Markt-Huter, 06-11-2024