Lian Hearn, Die Legende von Shikanoko - Fürst des schwarzen Waldes
„»Erzähl Mu von dem Preis, den Shika zahlen musste«, sagte Kuro. »Von der Maske.« »Diese Hirschmaske, die er zum Zaubern benutzt«, sagte Kiku. »Sie steckt auf Shikas Gesicht fest. Er kann sie nicht mehr abnehmen. Shika ist jetzt halb Mann, halb Hirsch.«“ (S. 62)
Shikanoko ist es zwar gelungen, den mächtigen Fürstabt zu vernichten, hat dabei aber seine große Liebe, die Herbstprinzessin Akihimene verloren. Begleitet von seinen treuen Begleitern, Nagatomo und die beiden „Verbrannten Zwillinge“ zieht sich Shikanoko voll Trauer in den Schwarzen Wald zurück, während die neuen Machthaber das Land ihrer Gegner verwüsten.
Seit der unrechtmäßigen Machtübernahme des Clans der Miboshi unter Fürst Aritomo und der Ermordung des Thronfolgers Prinz Momozono sitzt dessen Bruder Daigen als Kaiser auf dem Lotusthron. Momozonos Sohn Yoshimoro, der rechtmäßige Herrscher, wird als Kind von einer Akrobatengruppe aufgenommen und kann sich damit den Nachstellungen der Miboshi entziehen.
Hina, die Tochter des verstorbenen Fürsten Kiyoyori, dessen Seele in einem jungen Pferd weiterlebt, nennt sich Yayoi und befindet sich ebenfalls auf der Flucht. Ihr war es gelungen Takeyoshi, den Sohn Shikanokos und Prinzessin Akihimenes, zu retten. Beide sind auf der Flucht in einen Fluss gestürzt und gelten als ertrunken.
Die fünf Söhne der Hexerin Tora gründen das Spinnenvolk und gewinnen mit ihrem Anführer Kiku, der sich als König des Berges sieht, zunehmend an Einfluss. Kiku gelingt es, aus dem Schädel des Hexers Shisoku einen Zaubergegenstand zu erschaffen, der ihm große magische Macht verschafft. Auch er will ihm Kampf um die Herrschaft im Land mitmischen.
Auf der anderen Seite rüsten sich Fürst Aritomo und sein Gefolgsmann Fürst Masachika den Clan der Kakizuki endtgültig zu vernichten. Masachika, dem es durch Intrigen gegen seinen Bruder Kiyoyori und den Fürsten Takaakira gelungen war, sich als wichtigster Vertrauensmann Aritomos zu etablieren, plant seinen Weg an die Spitze der Macht fortzusetzen. Der Kampf um die Macht im Staat wird heftiger, als Naturkatastrophen die Rechtmäßigkeit des neuen Kaisers zunehmend in Frage stellen. Shikanoko der versprochen hat, Yoshimori als rechtmäßigen Kaiser krönen zu lassen, bleibt aber weiterhin im Verborgenen.
Auch im zweiten und letzten Band der epischen Geschichte rund um den Helden Shikanoko“ findet der Kampf um den Lotusthron in der Welt des mittelalterlichen Japans seine spannende Fortsetzung. Erzählt wird die Handlung aus verschiedenen Perspektiven der wichtigsten Akteure, die einen Einblick in die Ziele und Wünsche der verschiedenen gegnerischen Protagonisten erlauben.
Während der Aufbau des Werkes mit seinen zahlreichen Figuren und miteinander verwobenen Handlungssträngen überaus komplex gestaltet ist, lässt sich die Geschichte durch ihre klare und verständliche Sprache dennoch leicht verfolgen. Während der Held Shikanoko im zweiten Teil ein wenig in den Hintergrund fällt, gewinnen andere Akteure zunehmend an Profil.
Insgesamt gelingt es Lian Hearn die Leserinnen und Leser in die mittelalterliche Welt Japans zu versetzen und nahtlos mit magischen Elementen zu einem überaus spannenden und empfehlenswerten Lesevergnügen zu verknüpfen.
Lian Hearns Königsdrama spielt, das von magischen Wesen, Zauberern und Hexen bevölkert wird und in dem Ehre und Macht alles, ein Menschenleben aber nichts ist. Der exotische kulturelle Hintergrund, die zahlreichen stark gezeichneten Protagonisten und die überaus spannende und außergewöhnliche Geschichte ziehen die Leserinnen und Leser von Beginn an in ihren Bann und versprechen ein unterhaltsames Lesevergnügen.
Lian Hearn, Die Legende von Shikanoko - Fürst des schwarzen Waldes. Aus der Reihe: Die Legende von Shikanoko Bd. 2, übers. v. Sibylle Schmidt [Orig. Titel: The Tale of Shikanoko. Lord of the Darkwood], ab 14 Jahren
Frankfurt a. Main: Fischer Sauerländer Verlag 2018, 528 Seiten, 20,60 €, ISBN 978-3-7373-5468-4
Weiterführende Links:
Fischer Taschenbuch Verlag Lian Hearn, Die Legende von Shikanoko - Herrscher der acht Inseln
Wikipedia: Gillian Rubinstein
Andreas Markt-Huter, 01-12-2020