Dana Schwartz, Immortality. Eine Liebesgeschichte
„Hazel Sinnett träumte von Fingern. Hageren, spindeldürren Fingern mit Knöcheln so knubbelig, wie Walnüsse und graugrünem Fleisch, das sich in dünnen Streifen von ihnen abschälte. Manchmal waren die Finger gar nicht Teil einer Hand, sondern lebendige Wesen, die auf einem flachen Tisch wie Insektenbeine zuckten.“ (S. 24)
Hazel trauert noch immer ihrem Freund Jack Currer nach, der aufgrund einer Intrige unschuldig hingerichtet worden ist. Auch wenn sie ihr Medizinstudium nicht abschließen hat können, arbeitet sie heimlich als Chirurgin auf dem Familiensitz Hawthornden Castel in Edinburgh und hilft vor allem jenen, die sich eine medizinische Versorgung nicht leisten können.
Hazel Sinnett hat sich in den Kopf gesetzt, neben ihrer Arbeit, ein Handbuch über Anatomie und einfache Hausmittel zu schreiben, das als einfacher verständlicher Ratgeber für all jene verfasst sein, die sich keinen Arzt leisten können. Dabei will sie sich an Dr. Beechams großem Meisterwerk über Anatomie orientieren, ergänzt mit Zeichnungen des menschlichen Körpers und seiner Bestandteile sowie mit Ratschlägen für die Behandlung zu Hause.
Hazel hegt immer noch die heimliche Hoffnung, dass Jack seine Hinrichtung mit Hilfe eines Lebenselexiers von Dr. Beecham überlebt haben könnte. Der mittlerweile untergetauchte Beecham hat das Elexier bereits vor langer Zeit eingenommen und obwohl er schon hundert Jahre alt sein hätte müssen, hatte er das Aussehen eines Mannes im mittleren Alter.
Von all diesen Gedanken versucht sich Hazel durch Arbeit abzulenken, bis eines Nachts eine junge Frau Namens Florence bei ihr um auftaucht, die mit Hilfe von giftigen Kräutern eine Fehlgeburt auszulösen versucht hat. Hazel weiß, dass die junge Frau in großer Gefahr steckt, weil eine absichtlich herbeigeführte Fehlgeburt sogar mit dem Tod bestraft werden konnte. Hazel gelingt es mit Mühe, das Leben der Frau zu retten.
Einige Tage später wird Hazel auf einer Party verhaftet und wegen einer illegalen Abtreibung angeklagt. Sie wird in einen dunklen Kerker gebracht und von der Außenwelt abgeschnitten. In einem rasch anberaumten Prozess wird sie aufgrund der Zeugenaussage von Florence, der sie das Leben gerettet hat, zum Tod durch den Strick verurteilt. Kurz vor ihrer Hinrichtung kämpft Hazel mit dem Gedanken, selbst das Lebenselexier einzunehmen. Auf der Fahrt zur Hinrichtungstätte bemerkt sie, dass die Kutsche einen merkwürdigen Weg einschlägt. Ein Mann mit einer gepuderten Perücke öffnet mit einer überraschenden Erklärung die Tür der Kutsche:
Es wurde eine andere Vereinbarung getroffen. (S. 114)
Der zweite Abschnitt der Liebesgeschichte führt die junge Chirurgin schließlich von Schottland an den Hof der jungen Prinzessin Charlotte in London, wo sie auf den mysteriösen Club „Die Todesgefährten“ stößt.
Dana Schwartz zeichnet auch im zweiten Band ihres Jugendromans ein dichtes Bild der englischen Gesellschaft im beginnenden 19. Jahrhundert, mit ihren sozialen Problemen und medizinischen Möglichkeiten. Dabei zeichnet sich der spannende Jugendroman durch seine stark gezeichneten Charaktere, den zahlreichen überraschenden Wendungen und das außergewöhnliche Thema „Unsterblichkeit“ aus.
Ein überaus lesenswertes Jugendbuch mit vor historischem Hintergrund, das seine Leserinnen und Leser immer tiefer in ihren Bann zieht und neugierig auf die Fortsetzung warten lässt.
Dana Schwartz, Immortality. Eine Liebesgeschichte, übers. v. Ann Lecker [Orig. Titel: Immortality A Love Story], ab 14 Jahren
Bindlach: Loewe Verlag 2023, 448 Seiten, 18,50 €, ISBN 978-3-7432-1689-1
Weiterführende Links:
Loewe Verlag: Dana Schwartz, Immortality. Eine Liebesgeschichte
Wikipedia: Dana Schwartz
Andreas Markt-Huter, 22-04-2024