Lyrik

Joseph Zoderer, Die Erfindung der Sehnsucht

h.schoenauer - 13.03.2020

Die Erfindung der SehnsuchtAbrundungslyrik nennt man jene Gedichte, die zwischen den Bücher-Klusen des Hauptwerks beiläufig entstanden sind und das Gedächtnis an den Autor wachhalten, wenn dieser gerade sonst nichts schreibt.

Joseph Zoderer lässt mit filigranen Sehnsuchtsgedichten von sich hören. Seine Gedichte sind Ausdruck eines Lebenszustandes, er steht nämlich ständig unter Schreib-Strom, im Minutentakt kommen ihm Sätze aus der alten Feder, die er zelebriert, anbetet und überall herumträgt.

Manfred Mixner, Geschichten von Anderen

h.schoenauer - 11.03.2020

Geschichten von AnderenWenn man lange genug magisch auf eine Gegend schaut, entsteht dabei die Literatur wie von selbst. Der schwedische Wald hat, wie übrigens auch der Innsbrucker Mitterweg, die Kraft, täglich neue Geschichten wachsen zu lassen.

Der Grazer Literaturverwalter und Schriftsteller Manfred Mixner sitzt schon seit Jahren im schwedischen Wald und blättert in alten Aufzeichnungen, sortiert die Geschichten neu und holt Höhepunkte der Literaturvermittlung als Rundfunkmacher und Literaturhausbetreiber aus den Mappen.

Michael Krüger, Einmal einfach

h.schoenauer - 29.01.2020

michael krüger, einmal einfachAls das Reisen noch nicht mit der Maus geplant werden musste, bestellte man für besonders intensive Ausfahrten das Ticket „einmal einfach“. Darin war immer eine makabre Anmerkung für den Tod versteckt, dass man vielleicht nicht mehr zurückkommen wolle.

Michael Krügers „Spätgedichte“ haben etwas von dieser Annäherung an den Tod. Die Gedichte sind ein Anschleichen an die letzten Dinge, die man sich noch einmal kurz anschaut, ehe man vielleicht gar nicht mehr zurückkehrt in die alte Welt und vielleicht hinüberwechselt in einen anderen Zustand. So entstehen letztlich „viele Fragen, die keine Antwort brauchen.“

Thomas Northoff, Krank

h.schoenauer - 08.01.2020

thomas northoff, krankMarkante Lyrik punktet oft durch einen eleganten Duktus, mit dem die poetischen Schleifen durch das Gelände aus Visionen, Befindlichkeiten oder Naturresten gelegt ist.

Bei Thomas Northoffs Lyrikband „Krank“ könnte man vielleicht von einem markanten Interruptus sprechen, mit dem die Wörter wie Sargnägel über das Leben gehustet werden. Die einzelnen Zeilen sind spitze Fügungen und Flashes, die von einem lyrischen Individuum ausgestoßen werden, gleichzeitig aber auf diese geduckte Seele eindreschen.

Hannes Vyoral, jahrland

h.schoenauer - 18.12.2019

hannes vyoral, jahrlandNeben Liebe und Tod ist der Kreislauf der Zeit das aufregende Thema, das Künstler seit Jahrhunderten bewegt. Letztlich sind sogar Liebe und Tod der Zeit untergeordnet.

Hannes Vyoral lebt schon seit Jahren an der Kante von Land und Niemandsland und beobachtet die Jahreszeiten, das Wetter, den Kalender. Die dabei aufgezeichneten Kalendergedichte gleichen im ersten Anblick lokalen Wetterereignissen, bei genauerem Hinsehen bringen sie freilich eine eigene Welt zum Vorschein, worin sich täglich ein ganzer Schöpfungsbericht ablesen lässt.

Ferdinand Sauter, Durchgefühlt und ausgesagt

h.schoenauer - 11.12.2019

ferdinand sauter, durchgefühlt und ausgesagtDie Literaturwissenschaft hat neben dem Hauptzweck, das eigene Personal hermetisch abgeschlossen gegenüber der Welt zu halten und darin Karrieren zu ermöglichen, auch einen Nebenzweck für das gemeine Volk, nämlich Texte aus vergangenen Epochen so aufzubereiten, dass sie die Wissens-entwöhnte Krimi-Dauerleserschaft der Gegenwart auch verstehen könnte.

Ludwig Laher verwendet für dieses Unterfangen den schönen Begriff „besorgt“. Damit besorgt er es einmal den Flachlesern, andererseits drückt es seine Besorgnis aus, ob sein Thema wohl auch nicht verschollen bleibt. Sein Thema ist der Schriftsteller Ferdinand Sauter, der, 1804 in Werfen geboren, zum fünfzigsten Geburtstag an der Cholera in Hernals gestorben ist. Zu Lebzeiten ist kein Buch von ihm erschienen, seine Gedichte sind dann freilich lieblos bis schlampig immer wieder ediert worden, manchmal hat man sogar den Reim zerlegt, um sich einen jeweils zeitgenössischen Reim machen zu können.

Augusta Laar, Planet 9

h.schoenauer - 29.11.2019

augusta laar, planet 9Gedichte im Ausmaß von Planeten, das terrestrische Planetensystem, das mit der Zahl neun überschritten wird, dazu noch Fragmente und Instruktionen prägen Band zwanzig der „Neuen Lyrik aus Österreich“.

Augusta Laar hat mit „Planet 9“ Großes im Auge und bereits mit dem Motto wird jeglicher irdische Ballast abgeworfen. David Bowie: „Look up here, I am in heaven.“ In sechzig Text-Konstellationen geht es in der Folge um fertige Gedichte, die wie Planeten durch den poetischen Kosmos kreisen, um Fragmente, deren endgültige Gestalt sich nur erahnen lässt, und um Instruktionen, wie man diesem galaktischen Treiben begegnen könnte.

Gerhard Ruiss, Kanzlernachfolgegedichte

h.schoenauer - 20.11.2019

gerhard ruiss, kanzlernachfolgegedichteSeit es keinen Kaiser mehr in Österreich gibt, muss der Kanzler für alles Ferne und Entrückte herhalten.

Gerhard Ruiss hat für diese politische Skurrilität das Genre Kanzlergedichte kreiert. In Kanzlergedichten wird der ferne Kanzler angebetet, mit eigenen Worten gefeiert und seine möglichen Gedanken werden ihm selbst ins poetische Gehirn projiziert. Je nach Standpunkt und Ergriffenheit können diese Gedichte als wagemutig, frech und witzig empfunden werden. Sie sind aber auch immer eine leise Verhöhnung des Kanzlerwesens, weil sie ex kathedra intelligenter sind als der Kanzler.

Heathcote Williams, Die Windsors - Eine schrecklich nette Familie

andreas.markt-huter - 18.11.2019

bild: heatcote williams, die windsors„Wenn du zur Königsfamilie gehörst, ist England praktisch dein Privatanwesen, / Aus dem du, nachdem du majestätisch durch prachtvolle Häuser gerauscht bist, / Heraustrittst, um der allgemeinen Bevölkerung zuzuwinken / Und sodann Titel und Blechmedaillen an die Gutsarbeiter auszuteilen.“ (S. 56)

Der Dramatiker und Lyriker Heathcote Williams offenbart in seiner, im Geiste der Aufklärung und in Form eines Gedichtes verfassten poetischen Kritik, die dunklen Seiten der königlichen englischen Familie, deren positives Image er als Ausdruck der Ignoranz und des Selbstbetrugs der Öffentlichkeit brandmarkt.

Philipp Hager, Sextant-Sonaten

h.schoenauer - 08.11.2019

Bild: Philipp hager sextant_sonatenWenn dich Gedichte im Titel anspringen wie ein festliches Gedeck, senkst du die Stimme, speichelst ein und blickst gut gelaunt zu den Mitsitzenden am Tisch.

Philipp Hager hat mit Sextant-Sonaten ein Besteck ausgelegt, das die Leserschaft abenteuerlich aufmerksam stimmt, immerhin denken wir beim Sextanten an gesegelten Schiffsverkehr in ungesichertem Gebiet. Und Sonaten bringen ohnehin die Seele zum Klingen, da ist vielleicht noch kein Ton gefallen.