Roman

Max von Gutleben, Solange noch Blätter auf den Bäumen sind …

h.schoenauer - 06.10.2015

Das Glück ist einerseits durch einfache Bilder ausgeflaggt und zwingt andererseits den Glücksuchenden zu unendlich ausufernden Schleifen, und zu allem Überdruss ist das Ende offen.

Der Glücksuchende im Hypo-Roman „Solange noch Blätter auf den Bäumen sind“ sichert sich gleich mehrfach gegen allzu eindeutige Entlarvungen seines Tuns ab.

Peter May, Beim Leben deines Bruders

h.schoenauer - 29.09.2015

Entlegene Inseln müssen einen besonders ausgeprägten Heimat-Magnetismus haben, sonst würden ihre wenigen Bewohner sofort ins Meer oder in die Welt hinaus gespült werden.

Peter May zeigt anhand eines Mordfalles auf der Hebriden-Insel Lewis, wie diese harte Gegend ihre Krallen in das Fleisch der Bewohner knallt und nicht mehr los lässt. Der ehemalige Lewis-ianer Fin muss sein Leben umkrempeln, er tritt aus der Polizei in Edinburgh aus, lässt sich aus einer irreparablen Ehe scheiden, als sein Kind tödlich überfahren wird, und sucht seine Wurzeln auf der Insel auf, um vielleicht wieder Halt zu gewinnen.

Dietmar Dath, Feldeváye

h.schoenauer - 24.09.2015

Als das dickste Genre der Literatur gilt allenthalben die SF-Literatur. Insider führen diese gewaltigen Romane darauf zurück, dass in der SF nichts selbstverständlich oder irdisch ist und von der Schwerkraft angefangen alles neu erfunden und beschrieben werden muss.

Dietmar Dath verwendet in seinem Roman „Feldeváye“ (ausgesprochen: Feldeweihe) die Sciencefiction dafür, den ganzen Krimskrams der üblichen Fiktion auszublenden, um sich voll und ganz seinem beinahe entmaterialisierten Essay über die Kunst widmen zu können.

Gabriele Weingartner, Die Hunde im Souterrain

h.schoenauer - 15.09.2015

Heftige Liebe dauert oft über Jahrzehnte an, vor allem, wenn sie abrupt beendet wird.

Gabriele Weingartner schickt im Roman „Die Hunde im Souterrain“ das Liebespaar Felice und Ulrich durch die akademische Welt Berlins der 1970er Jahre. Während sie zu einander zu finden versuchen, sind sie umtost von weltpolitischen Angelegenheiten und dem Strom der Weltliteratur, worin sie heftig lesen und zitieren. Immerhin startet er gerade eine akademische Karriere als Politologe, während sie sich überlegt, ob eine Dissertation über Hermann Broch günstig sein könnte für wen auch immer.

Johannes J. Voskuil, Schmutzige Hände

h.schoenauer - 20.08.2015

In einer Saga ist einerseits so viel los, dass kaum ein Erzähler mit der Dokumentation der Ereignisse fertig wird, andererseits tut sich fast nichts, außer dass Helden ihr Heldenleben abspulen.

Johannes J. Voskuil nennt seinen zweiten Teil der siebenteiligen „Büro-Saga“ Schmutzige Hände. Eingeklemmt zwischen innerer Tobsucht und äußerer Korrektheit arbeiten sich die Helden an einer Gesellschaft ab, mit der sie kaum in einen zeitgleichen Kontakt treten. Dennoch geht die Angst um, dass man sich die Hände schmutzig machen könnte, wenn man nicht aufpasst, wo man hintritt und was man dabei sagt.

Mathias Klammer, Ein guter Tag zum Fliegen

h.schoenauer - 07.07.2015

Dem Roman „Ein guter Tag zum Fliegen“ ist ein Lesezeichen beigelegt mit der Zauberformel: „Ein guter Tag zum Lesen.“ - Die gute Witterung zum Abhauen aus der Schwerkraft lässt sich vielleicht mit Lesen bewerkstelligen.

Mathias Klammer faltet seinen Roman über einen tief sinnierenden Außenseiter in zwei Flächen auf. Im ersten Abschnitt, ein guter Tag zum Fliegen genannt, wühlt sich ein Erinnerungs-Ich durch die Kindheit und andere familiäre Krisen-Situationen und setzt sich intensiv mit der Todeskrankheit des Bruders auseinander.

E. W. Bichler, Der Kluibenschädel. Das Ende

h.schoenauer - 02.07.2015

Wie sich die sogenannte Freiheit in einer straff geführten Gesellschaft anfühlt, kann am besten jemand erklären, der gerade frisch aus dem Gefängnis entlassen worden ist.

E. W. Bichler schickt seinen Helden Kluibenschädel, der in mehreren existentiellen Abenteuern das Leben gemeistert hat, in eine durchaus an den Nerven zehrende Endzeit und schließlich in den Tod.

Erika und Nora Wimmer, Geldspiel ohne Ende

h.schoenauer - 11.06.2015

Gute Romane können sich einen Luxus leisten, der im Alltagsleben tabu ist: Die Wahrheit augenzwinkernd auszusprechen. „Geld ist genauso wichtig wie alles andere auf der Welt!“ (43) Wer geht als Leser nicht vor so einem Satz sofort bewundernd in die Knie.

Erika und Nora Wimmer haben in ihren Hypo-Roman schräge Figuren und geradlinige Ansagen gepackt. Bei einem Hypo-Roman geht es bekanntlich darum zu dechiffrieren, was unter den Floskeln des Zeitgeists liegt. Während also an der Oberfläche die Figuren ihre oft belanglosen Furchen ziehen, wuchert im Untergrund eine Gegenwelt heran.

Dietmar Wachter, Katharinas Rache - Inspektor Matteo ermittelt

h.schoenauer - 09.06.2015

Inspektor Matteo ist einer der seltenen Ermittler im Krimi-Genre, die gerne ihre Arbeit tun, mit der Bevölkerung in positiver Verbindung stehen und den Grant zuerst an sich selber auslassen, ehe sie ihn anderen überkübeln. So gesehen freut man sich bei Matteo auf jeden Fall, denn auch wenn es um Mord und Totschlag geht, geht es immer auch um ein zivilisiertes Zusammenleben in der kleinen Gebirgsstadt Landstein.

Dietmar Wachter schickt seinen Aufdecker zuerst in den Alltag, wo gerade ein Bergbauer und Sonderling irgendwie harmonisch gestorben ist, „grabbereit“ oder „grabreif“, wie es die Tochter Mateos ausdrückt. Dieses friedliche Sterben kann freilich nicht darüber hinweg täuschen, dass oft hinter den unauffälligsten Todesfällen die heimtückischsten Mordanschläge stecken.

Fritz Schindlecker, Jakob Mustafa

h.schoenauer - 04.06.2015

Historische Romane bieten eine gute Gelegenheit mit den Vorfahren zu sprechen, denn wir sind nicht nur durch deren Gene geprägt sondern auch von den Vorurteilen und Glaubensideen der Altvorderen.

Fritz Schindlecker nennt die Abenteuer um seinen Helden Jakob Mustafa schlicht das Vermächtnis des Chronisten, denn letztlich sind nicht nur die Figuren die Hauptdarsteller sondern auch die Erzählmethode, die das Vordringen in den Alltag längst vergangener Tage ermöglicht.