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Wollte man in der Kürze eines SMS-Dreizeilers das Wesen Österreichs beschreiben, so würde man wahrscheinlich die Wörter „rosa“, „süß“ und „Punschkrapfen“ verwenden.

Die präziseste Darstellung in der österreichischen Literatur stammt aus dem Romanfragment Katzenmusik von Gerhard Fritsch:

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Was immer dieses Drei auch bedeutet, es ist immer richtig. Beispielsweise ist es der letzte Teil einer Trilogie, die umgekehrt erzählt wird. „Tres“, „Dos“, „Uno“ ist also eine Abfolge, wie man im Film mit der Pistole in der Hand herunterzählt, bis es knackt oder der Delinquent ein Geständnis ablegt.

In der Insider-Sprache des Films ist Drei immer eine Hommage an die drei Farben blau, weiß, rot von Krzysztof Kieslowski. Und Eduardo del Llano ist ein Filmemacher, Filmefreak und Filmerzähler.

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„Ich lese. Das ist wie eine Krankheit. Ich lese alles, was mir in die Hände, vor die Augen kommt: Zeitungen, Schulbücher, Plakate, auf der Straße gefundene Zettel, Kochrezepte, Kinderbücher. Alles, was gedruckt ist. Ich bin vier Jahre alt. Der Krieg hat gerade angefangen.“ (7)

Manche Bücher fahren gleich mit dem ersten Absatz ins Herz der Leser, da wird nicht lange gefackelt. Agota Kristofs Hommage an ein durchgelesenes Leben fängt mit so einer Kampfansage an die Dummheit und Trägheit an, Lesen ist wie eine Krankheit, die zur heftigen Gesundheit führt!

Buch-CoverDie wahren Geschichten krabbeln heimlich und geduckt durch die glatt polierte Gesellschaft wie die sprichwörtlichen Kakerlaken durch die Küche.

Wer am Rande der Gesellschaft steht, muss deshalb nicht gescheitert sein, lautet so eine Erkenntnis des literarischen „Arme-Leute-Anwaltes“ Elias Schneitter. In seinen jüngsten Erzählungen geht es folglich um Helden, die sich verrückt geduldig mit den Ungereimtheiten des Lebensstroms auseinandersetzen müssen.

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Was vorerst wie ein aus einem größeren Schriftzug gefallener Buchstabe vom Cover herunterglotzt, ist dieses E, eine Hauptperson, die sich zu einem einzigen Zeichen verschrumpelt hat.

Javier Salinas geht in seinem spritzigen Roman vom großen E der Frage nach, wie eine Identität entsteht, wann eine Person als solche ihre Grenzen erreicht und wie Weltstoff auf ein einziges Hirn herunter gebrochen werden kann.

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Es gab einmal eine Literatur der Arbeitswelt, die war noch viel bitterer als die Arbeitswelt selbst und wurde nach dem kohleschwarzen Industrieort der DDR „Bitterfelder Weg“ genannt. Mittlerweile ist die Arbeitswelt tief-dirty geworden, aber die Literatur begegnet diesem Höllenphänomen mit Witz und Skurrilität, man denke nur an Kathrin Rögglas über-wachen Roman „Wir schlafen nicht“.

Margit Hahn postiert in ihren gut zwanzig Erzählungen Figuren rund um die Arbeitswelt, die entweder schon tot sind, und darüber noch reden, oder ihr Leben gerade kaputt reden. Ausgepumpte Menschen zwischen vierzig und geht nicht mehr legen uns Lesern ihre Herzen auf den Tisch mit der Bitte, sie irgendwie zu reanimieren oder doch so zu tun, als sei es noch nicht so schlimm.

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Nirgendwo wird so getrickst wie in den Bilanzen eines Geschäftsjahres. Scheinbar nüchterne Berichte sind hintennach betrachtet oft die größte fiktionale Kunst. Was liegt also näher, als aufregende Emotionsschübe einer Pop-Flop-Spot-Welt von 1968 in das Kleid eines Geschäftsjahres zu stecken.

Bernd Cailloux knüpft seinen Helden von damals Manschettenknöpfe einer wirtschaftlich seriösen und prosperierenden Lebensstrategie in die aufgekrempelten Ärmel.

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Die griffigste Sehnsucht entsteht durch eine einfache Landkarte, worauf magisch-reale Orte wie vergrabene Schätze verzeichnet sind. In Peter Plattners Reiseroman vom „Grün“ ist eine solche Sehnsuchtskarte im Vorspann eingelegt.

Die Karte zeigt in Abenteuer-Manier einen Ausriss aus Südamerika, in Kolumbien ist etwa Bahia Solana eingezeichnet, in Venezuela Ciudad Bolivar, in Bolivien Potosi. Zwischen den Orten wuchern Gebirge, wilde Wasser und Dschungel, Dschungel, Dschungel.

Buch-CoverAlle guten Dinge sind drei, und über die Aktion ?Innsbruck liest? sind mittlerweile drei Bücher kostenlos an die Bevölkerung verteilt worden, die alle das Prädikat wunderbar, ergreifend, aufwühlend tragen. Nach Thomas Glavinic?s Roman "Der Kameramörder" und Sepp Mall's Roman "Wundränder" ist heuer Dimitré Dinev mit seinen Erzählungen "Ein Licht über dem Kopf" in allen Händen und in aller Munde.

Es gibt in der Literatur die ergreifende Erkenntnis, dass wir alle Emigranten sind, denn zumindest aus der Kindheit musste jeder von uns einmal aussiedeln und hat somit die elementare Erfahrung der Emigration am eigenen Leibe erfahren können. In den Erzählungen Dinevs sind die Figuren ständig unterwegs mit einer Selbstverständlichkeit, als ob Unruhe, Wanderschaft, Emigration und Flucht das Selbstverständlichste der Welt wären.

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Wie erklärt ein 1955 geborener russischer Schriftsteller um 2005 seinen Lesern, wie das mit dem Stalinismus gewesen ist? – Ganz einfach, er bedient sich eines literarischen Januskopfes aus den Erfolgsserien Universum und Verheißung.

Der Roman Bro legt plastisch, dynamisch und russisch-realistisch los, wie man es sich von Puschkin oder Dostojewski erwarten würde, müssten sie heute noch immer schreiben. 1908 wird der Ich-Erzähler geboren und zur gleichen Zeit geht in Sibirien ein Giga-Meteor nieder. Das Kind erlebt alles easy und ist umspült von satt-bunter Leichtigkeit, wie eben die Kindheiten ausschauen, wenn sie von gesetzten Dichtern als pure Kindheit rekonstruiert werden.