Roman

Stephan Alfare, Meilengewinner

h.schoenauer - 03.07.2009

Buch-CoverIm Flugverkehr gibt es fallweise so etwas wie Bonus-Meilen oder Vielfliegergratifikationen. Am Boden ist ein Meilengewinner offensichtlich jemand, der sich selbst mit dem Absolvieren von Meilen belohnt.

Das Hauptthema im Roman ist die Gelassenheit und Beiläufigkeit, mit der die Figuren unterwegs sind. Der Ich-Erzähler strolcht mit sich im Süden herum, trifft ununterbrochen neue Leute, trinkt mit diesen, ehe die zufällig zusammengekommenen Grüppchen sich wieder in alle Winde zerstreuen.

Bruno Preisendörfer, Manneswehen

h.schoenauer - 03.07.2009

Buch-CoverWenn es möglich ist, mit Hilfe der weiblichen Feuchtgebiete einen kontinentalen Bestseller zu landen, dann müsste das mit entsprechend literarischer Ausgestaltung auch mit den männlichen Geschlechtsteilen möglich sein.

Bruno Preisendörfer setzt seinen Roman Manneswehen mit der Härte des entsprechenden Klischees in die Literaturgeschichte. Sein Held ist Spezialist für sanitäre Anlagen und kennt sich bei Duschköpfen, Abflüssen und Toilettenboards bestens aus. Die Partnerin des Sanitär-Profis ist Gynäkologin, die offen zugibt, sexuell privat mit Hingabe eine Sau zu sein.

Ilse Kilic / Fritz Widhalm, Zeilen entlang der Zeit

h.schoenauer - 02.07.2009

Buch-CoverManchmal wird die Literatur so eigenständig, dass sie nach einer neuen Gattung verlangt. Ilse Kilic und Fritz Widhalm komponieren schon seit Jahren eine realistisch üppige Literatur zusammen und statten sie ständig mit neuen Gattungsbegriffen aus.

So bietet etwa der Verwicklungsroman eine feine Möglichkeit, Geschehnisse und Verhältnisse aus der Vergangenheit autobiographisch mit der Gegenwart zu verknüpfen.

Jan Kossdorff, Sunnyboys

h.schoenauer - 30.06.2009

Buch-CoverEin Roman kann an manchen Tagen wie eine Zauberformel wirken. Der mieseste Alltag, die gewöhnlichste Trivialität, die flachsten Gedankengänge - alles kann plötzlich zu einem Abenteuer werden, wenn sich ein Roman dieser Dinge annimmt.

Jan Kossdorff verzaubert mit seinem Roman gewöhnliche Figuren und lässt sie als echte Sunnyboys auftreten. Die Brüder Clemens und Claudio Kommenda sind nicht nur sonnige Typen, sie führen auch das passende Sonnenstudio dazu.

Georg Elterlein, Der Hungerkünstler

h.schoenauer - 29.06.2009

Buch-CoverZu einer Zeit, als es noch kein Big Brother im Fernsehen gab, waren Hungerkünstler zur Unterhaltung am Werk, indem sie ihre Hungerei öffentlich zur Schau stellten. Franz Kafka hat in seiner gleichnamigen Erzählung so einen Hungerkünstler als ironisches Lichtbild eines idealen Künstlers entworfen, der Künstler wird darin einfach im Käfig vergessen und stirbt.

Bei Georg Elterlein tritt der Hungerkünstler als modernen Held voller Psychosen auf.

Ursula Haas, Drei Frauen

h.schoenauer - 29.06.2009

buchcoverVielleicht kann man ein Leben nur dann halbwegs beschreiben, wenn man gleich drei beschreibt. Ursula Haas verknotet in ihrem "Künstlerinnen-Roman" drei Stränge ineinander, dabei erzählt sie in Ich-Du-Sie-Form.

Als Ich-Erzählerin führt die Schriftstellerin Lenka durch den Roman. Diese Figur ist teilweise autobiographisch angelegt, 1943 in Tschechien geboren ist das erste aufwühlende Ereignis die Flucht zu Kriegsende in den Westen.

Stefan Schmitzer, wohin die verschwunden ist

h.schoenauer - 27.06.2009

Buch-CoverKann etwas Persönliches für die Allgemeinheit wichtig sein? Und umgekehrt, hat das allgemein Beobachtete für das Individuum Auswirkungen?

Stefan Schmitzer geht diesen Fragen mit seinem Roman auf den ersten Blick gleich optisch an. Er drittelt die Buchseiten, zwei Drittel gehen als allgemeines Schicksal wie ein üblicher Roman vonstatten, das untere Drittel in blasser Schrift gilt einem individuellen Schicksal, das man von hinten nach vorne lesen muss, ehe es plötzlich versiegt.

Enno Stahl, Heimat & Weltall

h.schoenauer - 09.06.2009

Buch-CoverVermutlich gibt es kein größeres Gegensatzpaar als die Heimat rund um uns und das Weltall weit weg von uns. Enno Stahl siedelt seine zwei Zyklen einmal ganz nah und einmal ganz ferne an, aber da die Methode der Darstellung gleich ist, vermischen sich auch Nähe und Ferne.

Heimat und Weltall sind zwei Seiten einer Medaille, heißt es in der Einführung, es geht um das Projekt einer prosapoetischen Deterritorialisierung. (7)

Géza Ottlik, Die Schule an der Grenze

h.schoenauer - 06.06.2009

Buch-CoverSchlafsaal mit Fenstern nach Nordwesten, die Sonne, die sich zu spät für die Jahreszeit hinter den Abschlusskamm fallen lässt, eine Kastanienallee, deren Blätter schon diffuse Farben in die Lehmfahrbahn knallen: Was eine wunderschöne Inszenierung ist, stellt sich bald als perverse Kulisse für ein perverses Unternehmen heraus.

Dieses menschenverachtende Unternehmen ist eine Kadettenschule an der Außengrenze Ungarns, darin eingefangen sind die Söhne des Establishments, die noch nach Jahrzehnten an dieser sogenannten Ausbildung leiden.

Dan Lungu, Die rote Babuschka

h.schoenauer - 27.05.2009

Buch-Cover"Als ich heute Morgen aufwachte, war ich alt. (244) - Selten tritt das Ergebnis eines ganzen Romans mit einem so klaren Satz zu Tage wie am Schluss von Dan Lungu's "roter Babuschk".

Vermutlich besteht das alt werden darin, dass man die erlebten Zeiten nicht mehr scharf genug einschätzen kann und alles in einem wohligen Erinnerungsbrei endet.