Belletristik und Sachbücher

Achill Moser / Aaron Moser, Über die Alpen nach Italien

h.schoenauer - 19.07.2012

Werbung für Literatur geht oft eigenartige Wege. Da hat beispielsweise ein Verlag die Rechte eines Klassikers, was ist also naheliegender, als einen Zeitgenossen buchstäblich auf den Weg des Klassikers zu schicken.

Im Falle von Heinrich Heine wird das Gesamtwerk von jenem Verlag betreut, der auch den Abenteurer und Anthropologen Achill Moser losgeschickt hat, mit seinem an Afrika geschulten Blick die Alpen im Geiste Heines zu durchwandern. Der Abenteurer hat, um auch ein jüngeres Publikum anzusprechen, seinen zwanzigjährigen Sohn Aaron mit im Gepäck, der einen forschen Schritt hat und nach jedem Kapitel eine SMS an seine Mama schreibt.

Hannes Köhler, In Spuren

h.schoenauer - 17.07.2012

Seit Paracelsus wissen wir, dass alles eine Frage der Dosis ist. Hannes Köhler geht in seinem Roman „In Spuren“ der Frage nach, ab welcher Dosis eine Persönlichkeit entsteht beziehungsweise verschwindet.

Zu diesem Zweck gibt es eine interessante Versuchsanordnung im studentischen Milieu. Eine Kneipengruppe erzählt sich mehr oder weniger gelungene Witze und huldigt einem aktuellen Lebensprogramm:

Norbert Gerhold, Kosmische Alltagsmystik

h.schoenauer - 15.07.2012

Das gibt es in der Literatur auch: Man liest und versteht nichts, weiß aber, dass es einen Sinn hat, was man liest.

Norbert Gerhold befasst sich mit dem größten Stoff, den sich ein Hirn ausmalen kann, nämlich dem Kosmos und seiner Komplementärmenge. In einer sympathischen Einführung entschuldigt er sich beinahe wegen des gigantischen Themas, denn eigentlich wollte er ursprünglich nur einen Brückenschlag zwischen Theologie und Naturwissenschaft leisten.

Holger Albrecht u.a. (Hg.), Autoritäre Regime

h.schoenauer - 14.07.2012

Der mit Voltaire befreundete französische Philosoph Claude-Adrien Helvetius bemerkte: „Es ist das Wesen der despotischen Regierungsform, im Menschen die Regung der Leidenschaften abzuschwächen.“

Nach dem Ende des Kalten Krieges war die Hoffnung weit verbreitet, dass Demokratien westlichen Zuschnitts nun weltweit ihren Siegeszug halten würden. Diese Hoffnung ist nun einer ernüchternden Tatsache gewichen:

Mareike Krügel, Bleib wo du bist

h.schoenauer - 12.07.2012

Es gibt diese Seelenlandschaften, die selbst einen Psychiater in die Knie zwingen. Meran und die sanfte Umgebung drum herum gelten als besonders feinfühlige Landschaftskissen, in denen die gequälte Psyche wie von selbst zu sprechen beginnt.

In Mareike Krügels Psychiater-Roman „Bleib wo du bist“ tagt im feinem Kongress-Ambiente von Meran eine psychiatrische Gesellschaft, mit dabei ist auch Matthias Harms, Psychiater für Zwangsneurosen.

Bernhard Aichner, Tirol

h.schoenauer - 10.07.2012

Zwischen Grönland und Patagonien, zwischen Tuwa und dem Tschad ist klar, wie ein repräsentativer Fotoband auszusehen hat. Zum Unterschied von einer Fahne oder einem Wappen, welche jeweils eine historisch-politische Minimalinformation absondern, ist ein RFB (Repräsentativer Fotoband) absolut ohne historische oder politische Information. Er hat nur eine Aufgabe: schön zu sein.

Im Falle Tirols, das ja in sich ja aus Schönheit besteht, wird ein Fotoband an manchen Stellen oft so schön, dass es auf der Netzhaut schmerzt, ehe das Bild zerschmilzt.

Johannes E. Trojer, Werkausgabe

h.schoenauer - 08.07.2012

„So sind sie, die Germanisten. Zu Lebzeiten ignorieren sie dich, und dann kriechen sie zu dir und deinem Nachlass ins Grab.“

Angesichts des wunderbaren Schubers, in den Johannes E. Trojers Werkausgabe gesteckt ist, denkt man natürlich an diesen süffisanten Kommentar des Autors, Heimatkundlers, Zeitgeschichtlers und Literaturpädagogen. Vom schlechten Gewissen getrieben, wie die Zeitgenossen Johannes E. Trojer zu Lebzeiten behandelt haben, wenn er etwa mit der Kulturzeitschrift „Thurntaler“ mit einigen Exemplaren nach Innsbruck oder Wien gekommen ist, haben jetzt Fans eine berührend zeitlose Werkausgabe herausgebracht.

Michael Gehler (Hg.) Akten zur Südtirol-Politik 1945-1947

andreas.markt-huter - 07.07.2012

„Am Nachmittag dieses Tages rief mich der Pressereferent Würthle an und teilte mir mit, daß laut Radio London die Südtiroler Frage von den 4 Außenministern in Paris abgelehnt worden sei.“ (230)

Anhand von ca. 320 Quellen dokumentiert Band 1 – Akten zur Südtirol-Politik die politische Entwicklung der Südtirolfrage vom Ende des 2. Weltkrieges in Europa bis zum Pariser Abkommen im September 1946 und der Aufnahmen des Abkommens in den Friedensvertrag mit Italien.

Drago Jancar, Nordlicht

h.schoenauer - 05.07.2012

Oft presst sich einem der Anfangssatz eines Romans wie ein literarischer Ohrwurm ins Gedächtnis, in skurrilen Büchern wie bei Drago Jancars „Nordlicht“ kann aber auch das Schluss-Bild unvergesslich sein.

In dieser Geschichte, die man sich offensichtlich auch schwerhörig zu Gemüte führen kann, kommt ein gewisser Josef Erdmann aus Lienz zu Jahresbeginn 1938 in seiner Geburtsstadt Maribor an, weil er mit Jaroslav einen geschäftlichen Termin ausgemacht hat. Wie bei einem echten Warte-Stück Marke Godot kommt der Erwartete natürlich nie.

Brita Steinwendtner, Mittagsvorsatz. Noon Resolution

h.schoenauer - 03.07.2012

Manchmal muss das Erinnern zu einer unerhörten Begegnung kommen, damit es sich gegen das allgemeine Vergessen durchsetzt.

Am 6. Mai 1945 sind freigelassene politische Häftlinge des Gefängnisses Stein an der Donau auf dem Weg nach Wien, als sie bei Hadersdorf am Kamp vom Ortsgruppenleiter der NSDAP als „Flüchtlinge“ gestellt, neuerlich verhaftet, der SS übergeben und am nächsten Tag ermordet werden.