Buch-CoverLangsamer! – Die Tante im Hintergrund kann noch so rufen, das Kind wird es dennoch auf die Schnauze hauen.

Irgendwie erinnert dieses literarische „Langsamer!“ an eine germanistisch-slavistische Tante, welche diesen betulichen Befehl jenen zuruft, die ohnehin schon langsam sind, nämlich den Lesern von heruntergefahrenen Texten von Verzögerungsautoren.

Buch-CoverTheater ist einerseits ein Stück, das man als Leser oder Zuschauer an einem Abend sieht oder liest, und ist andererseits ein Prozess. Zu dem hier vorliegenden Stück „Maia“ muss man sich als Leser noch jene Spannung hinzu denken, die zwischen den Generationen herrscht. Denn Maia ist ein Jugendstück, das ein Lehrer für seine Schüler geschrieben hat, damit diese durch das Theaterspielen mit der fiktionalen Welt in Kontakt treten können.

Das Stück spielt in jener Unerreichbarkeit, worin sich Jugendliche befinden, ehe sie in die Welt der Erwachsenen eingelassen werden.

Buch-CoverBestseller aus vergangenen Zeiten vermitteln bei der aktuellen Lektüre dieses spannende Knacksen, wenn die Patina durch heftigen Lichteinfall aus der Gegenwart aufspringt. Heinrich Kliers Bestseller aus dem Jahre 1964 liest sich nach vierzig Jahren wie eine Gebrauchsanweisung zur Eroberung der Alpen.

In der Hülle dieser Eroberungsgeschichte stecken kaum getarnt ein Gebirgs-, Abenteurer- Indio-, Liebes- und Schürfroman. So gut wie alles, was die damalige Fiktionslehre herzugeben vermochte, ist in diesem „Silber für die braune Göttin“ eingeschmolzen.

Buch-CoverDie Eisenbahn ist wahrscheinlich der trivialste Mythos, mit dem wir es in einer Gesellschaft zu tun bekommen. Auf Österreichisch heißt das, es gibt den Mythos vom politisch upgedateten Eisenbahner, den Mythos von Pionierleistungen im Streckenbau, den Mythos starker Lokomotiven und den Mythos einer starken Zukunft der Eisenbahn überhaupt.

Beppo Beyerl räumt mit diesen Mythen ziemlich salopp auf, wahrscheinlich gelingt ihm das deshalb so gut, weil er erstens genau recherchiert hat, und zweitens seine Erfahrungen als aktiver Bahnbenützer authentisch sind.

Buch-Cover„Wie gesagt“ ist neben der Fügung „meine Damen und Herren“ die am meisten verwendete Floskel bei Reden im Nationalrat. Diese Fügung unterstreicht bloß, dass alles, was semantisch verfügt worden ist, jetzt ins Leere geht.

Friedrich Hahn setzt seinem „Wie-gesagt-Zyklus“ den Gedichten diese Floskel in die Brüstung, wie man oft einem Haus einen Balkon verpasst. Die Fügung ist da und hat keinen anderen Sinn, als auf sich selbst aufmerksam zu machen. Wenn etwas so gehäuft vorkommt, läuft alles wie gesagt, soll heißen, wie geschmiert.

Buch-CoverEs gibt Texte, die dem Fass der Gattung entsprungen und ohne Umhüllung etwas Eigenes sind, am ehesten mit einer Lacke ausgeronnener Flüssigkeit zu vergleichen. In Hubert Flattingers Trance-Text über seltsame Helden verschwinden die Grenzen zwischen Gelesenem und Erlebtem.

Der Erzähler macht sich anscheinend auf, Astrid Lindgren zu besuchen, die Traumfrau aller Fiktionen. Er fährt nach Stockholm, vielleicht um ein Interview mit der Grande Dame der Erfindungen zu führen, vielleicht aber auch, um den wahren Gehalt von Geschichten zu erkunden.

Buch-CoverEin Gedichtband wie geschaffen für das Internet. Da wechselt das lyrische Ich wie ein Surfer in den Wellen des Internets von einem Thema und von einem Ort zum nächsten, um schließlich ganz unverhofft mit neuer Maske wieder zurück zu kehren. Da heißt es anschnallen und festhalten.

Allen LeserInnen die es genau wissen wollen erhalten in einem Notglossar eine ultimative Verständnishilfe für die wichtigsten lyrischen Begriffe: ?Afterschock, das Nachbeben das naturgemäß mehr Entsetzen auslöst als das Erstbeben, zwar ist der Innovationswert geringer, dafür aber der Schock umso größer.? oder ?Lyrisches Ich: Entsteht bei der germanistischen Spaltung eines Schizoids, flüchtet oft in ein Gedicht und benimmt sich darin unberechenbar.?

Buch-Cover„Kurze Schnitte“ sind eher eine Erzählmethode als ein Buchtitel, man denkt sofort an Robert Altmanns „short cuts“, welche in der Filmkultur für Aufsehen sorgen, oder aber an die letzten Erzählungen Raymond Carvers, die 2002 auf deutsch ebenfalls mit dem Titel „Kurze Schnitte“ erschienen sind.

C. H. Huber hat in ihren 29 Anschnitten durchaus die ursprüngliche Bedeutung von „sort cut“ im Auge, nämlich ein Ziel ohne Umwege stracks zu erreichen. So mündet ein unauffälliger Liebesschub, der als zärtliche Hand im Schneckentempo auf die Protagonistin zu kriecht, mit einem lustpragmatischen Sturz auf die Couch.

Buch-CoverDas Leben hat letztlich zwei Konsistenzen, die amorphe Alltäglichkeit, die sich am ehesten wie ein Gel erzählen lässt, und diese grobkörnigen Flunsen, die wir uns als Geschichten erzählen.

Peter Oberdörfer berichtet in seinem Roman von den Spannungen zwischen unbewegten und bewegten Elementen des Lebens, zu diesem Zweck spannt er eine Dreiecksgeschichte zwischen Claudia, Willi und Hans aus und überblendet diese Konstellation mit der Gischt der fiktionalen Welt des Films. So verschwindet zu Beginn des Romans Willi und löst durch sein Fehlen das Beziehungsfeld auf, im letzten Kapitel sind alle drei Protagonisten an ihrem überspitzt dargelegten Endpunkt angelangt, nämlich im Alltag, im Jenseits und im Film.

Buch-CoverWenn der Titel eines Romans zu einem geflügelten Wort wird, ist eigentlich in der Literatur alles erreicht, was es zu erreichen gibt. Mittlerweile ist es im Smalltalk durchaus üblich, jemanden nach seiner Liebesblödigkeit zu fragen, also danach, wie vertrottelt er in seinem Liebesverhalten schon geworden ist.

Wilhelm Genazinos süffisanter Lebenskunde-Roman erzählt von Fünfzigjährigen, die in der Liebe alt werden und dabei ins Senil-Kindische ausreifen. Die Sicht der Dinge liefert ein mega-zeitgenössischer Icherzähler, der als Trainer gesellschaftliche Endzeitprognosen unterrichtet und dessen Liebespsyche von Sandra und Judith begleitet wird.