Silvia Pistotnig, Nachricht von Niemand
Wenn in einer Gesellschaft absolut nichts los ist, außer dass ihre Mitglieder abgekapselt in ihren Bodies hocken und vom generellen Nichts träumen, dann muss folglich auch die Literatur dementsprechend abgekapselt in ihrem Literatur-Body sitzen und vom Nichts träumen.
In Silvia Pistotnigs Roman Nachricht von Niemand laufen die Figuren völlig bedeutungslos und sinnlos durch das eigene Leben. Manchmal gibt es eine Beziehung, dann ein Date, dann wieder einen Verwandtenbesuch, ein Baby kommt zu früh auf die Welt und in der Hauptsache wird gequasselt und dahin gesumpert.
Je aufregender die Hüllen umso mieser die Füllen, heißt es im Volksmund. Tatsächlich steckt hinter einer hochwohlgeborenen Figur oft ein recht dürftiger Charakter.
Nichts fordert die Literatur so sehr heraus wie ihr Verweilen am Ende der Welt. Braucht die Literatur überhaupt einen Ort, um existieren zu können? Wird umgekehrt nicht ein entlegener Ort zu einem Weltereignis, wenn zu ihm die Literatur auf Besuch kommt?
Selten wird ein Autor dafür in der Literaturgeschichte berühmt, wofür er sich hält. Meistens wird ein scheinbar unbedeutendes Werk als das wichtigste eingestuft, oft geht auch ein unbewusster Sager in die Unsterblichkeit ein, manchmal auch ein biographisches Detail.
In der guten alten Glühbirne zischt der Strom zwischen den Haltedrähten hin und her und macht Liebe und Licht. Ähnlich ergeht es den beiden märchenhaft Verliebten aus der ukrainischen Gegenwart, sie ist Volksschullehrerin in einem Provinznest, er ist weitläufiger Journalist vornehmlich im Zweistromland.
Manchmal kann ein Roman eine verzwickte Situation lösen, wenn er diese Verknüpfung ungelöster Probleme zum Thema macht.
Es gibt diese zuckersüßen Klischee-Orte, in denen sogar noch das Verbrechen nach Süße schmeckt. Manche Zyniker behaupten, ganz Österreich sei ein Verbrechen in Gestalt eines Punsch-Krapferls.
Die absolute Vergänglichkeit dieser Welt ist in jenem Psalm zusammengefasst, wonach alles Fleisch zu Gras wird.
Es gibt diese unauffälligen Berufe, die niemand wahrnimmt, deren Dienste aber ganze Generationen in Anspruch nehmen. Das Übersetzen ist so ein Beruf.
Für einen guten Krimi braucht es entweder Perversion oder Provinz. Kurt Bracharz nimmt im Zweifelsfalle gleich beides, wenn er die internationale Feinschmeckerküche auf das österreichisch-perverse Provinzniveau herunter bricht.