Geschichte | Politik

Gerhard Ruiss, Kanzlernachfolgegedichte

h.schoenauer - 20.11.2019

gerhard ruiss, kanzlernachfolgegedichteSeit es keinen Kaiser mehr in Österreich gibt, muss der Kanzler für alles Ferne und Entrückte herhalten.

Gerhard Ruiss hat für diese politische Skurrilität das Genre Kanzlergedichte kreiert. In Kanzlergedichten wird der ferne Kanzler angebetet, mit eigenen Worten gefeiert und seine möglichen Gedanken werden ihm selbst ins poetische Gehirn projiziert. Je nach Standpunkt und Ergriffenheit können diese Gedichte als wagemutig, frech und witzig empfunden werden. Sie sind aber auch immer eine leise Verhöhnung des Kanzlerwesens, weil sie ex kathedra intelligenter sind als der Kanzler.

Heathcote Williams, Die Windsors - Eine schrecklich nette Familie

andreas.markt-huter - 18.11.2019

bild: heatcote williams, die windsors„Wenn du zur Königsfamilie gehörst, ist England praktisch dein Privatanwesen, / Aus dem du, nachdem du majestätisch durch prachtvolle Häuser gerauscht bist, / Heraustrittst, um der allgemeinen Bevölkerung zuzuwinken / Und sodann Titel und Blechmedaillen an die Gutsarbeiter auszuteilen.“ (S. 56)

Der Dramatiker und Lyriker Heathcote Williams offenbart in seiner, im Geiste der Aufklärung und in Form eines Gedichtes verfassten poetischen Kritik, die dunklen Seiten der königlichen englischen Familie, deren positives Image er als Ausdruck der Ignoranz und des Selbstbetrugs der Öffentlichkeit brandmarkt.

Roman Israel, Flugobst

h.schoenauer - 15.11.2019

roamn israel, flugobstDas Gegenteil von Fallobst ist Flugobst. Während das eine satt und bodenständig auf der Erde aufschlägt und zu Schnaps verarbeitet wird, kommt das andere edel und exquisit mit dem Flugzeug von den Enden der Erde angeflogen.

Roman Israels Flugobst ist ein sogenannte Klusen- oder Übergangsroman. An der Grenze der ehemaligen Brüderländer DDR und Tschechoslowakei rückt der Westen unbarmherzig in die kapitalistisch brachliegenden Ländereien ein und überhäuft alles mit dem goldenen Glanz des frischen Geldes.

Harald Specht, Geschichte(n) der Lüge

andreas.markt-huter - 11.11.2019

Bild: harald specht_geschichte der lüge„Nach bestem Wissen und Gewissen soll hier Wahrheit und nichts als die Wahrheit dominieren, wenn wir Sie, liebe Leser, Auge in Auge, Zahn um Zahn und über beide Ohren mit den „Geschichte(n) der Lüge“ und den zahllosen Verfehlungen wider das 8. Gebot konfrontieren. Und da das Lügen laut HAUG den Menschen sogar Vergnügen bereiten soll, wünschen wir Ihnen dasselbige auch hier, beim Stöbern nach der reinen Wahrheit.“ (S. 11 f)

Seit es Menschen gibt, wird gelogen, wobei auch die moralische Bewertung dieser Lügen sich mit der Entstehung von Moralsystemen und Religionen entwickelt und verändert hat. So gilt in der Evolution das Lügen bei Tieren als durchaus zielgerichteter und erfolgversprechender Fortschritt. In der Geschichte der Menschen hatten Lügen unterschiedliche Effekte, unterhaltsam waren sie für heutige Leserinnen und Leser aber allemal, wie die „Geschichte(n) der Lüge“ nachdrücklich unter Beweis stellen.

Luise Schorn-Schütte, Geschichte Europas in der Frühen Neuzeit

andreas.markt-huter - 21.10.2019

luise schorn-schütte_geschichte europas in der frühen neuzeit„Die Geschichte der europäischen Frühen Neuzeit ist faszinierend in ihrer Fremdheit – und vertraut in ihrer Nähe zur eigenen Gegenwart. In dieser Spannung bewegt sich die folgende Einführung und versucht damit einer Sichtweise der letzten Jahre zu weiterer Anerkennung zu verhelfen, die eine Reduzierung der europäischen Geschichte des 16. bis 18. Jahrhunderts auf eine »Vorgeschichte der Moderne« für zu kurzschlüssig hält.“ (S. 9)

Nicht eine Geschichte der politischen Ereignisse oder eine Geschichte der Kriege steht im Mittelpunkt des Sachbuches „Geschichte Europas in der Frühen Neuzeit“, sondern die Auseinandersetzung mit den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen und deren Veränderungen in der Zeit zwischen 1500 bis 1789 - der Zeit zwischen Reformation und Französischer Revolution - und damit den Übergang von der mittelalterlichen Welt in unsere nahe Gegenwart.

Wilfried Steiner, Der Trost der Rache

h.schoenauer - 18.10.2019

wilfried steiner, der trost der racheDas Weltall und die Geschichte haben, zumindest wenn es nach dem Volksmund geht, eins gemeinsam: Die dunkle Materie in Gestalt von dunklen Löchern!

Wilfried Steiner knackt die Empfindsamkeit seines Helden Adrian mit dem rasanten Tod eines Onkologen. Im Roman „Der Trost der Rache“ stirbt der Vater Adrians an Krebs, obwohl er als Onkologe diesen ja vom Wissen her zähmen hätte müssen. Adrian geht es nicht mehr aus dem Kopf, dass wir letztlich nichts wissen und von Dunkelheit umgeben sind. Als Trauerarbeit wird er mit seiner Frau Karin auf die Kanareninsel La Palma reisen, um endlich durch das große Teleskop zu blicken, was seine Hobbykarriere als Astronom veredeln und zur allgemeinen Beruhigung beitragen soll.

Nina Scholz / Heiko Heinisch, Alles für Allah

andreas.markt-huter - 14.10.2019

nina scholz, alles für allah„In den vergangenen 40 Jahren ist innerhalb des Islam eine politische Bewegung herangewachsen, die, auf ältere islamische Konzepte zurückgreifend, im Islam ein ganzheitliches Programm sieht, das den einzelnen Menschen sowie Staat und Gesellschaft von Grund auf bestimmen soll. Diese Entwicklung, die der syrische Islamwissenschaftler Aziz Al-Azmeh als „Islamisierung des Islam“ bezeichnete, hat längst auch die muslimischen Communitys außerhalb der islamischen Welt erreicht.“ (S. 15)

Auch für Österreich und Deutschland konstatieren Nina Scholz und Heiko Heinisch eine zunehmende Islamisierung der muslimischen Gesellschaften durch radikale Richtungen, die eine streng islamische Lebens- und Gesellschaftsvorstellungen vorschreiben und den westlichen Rechtsstaat nur akzeptieren, solange er nicht den religiösen Grundlagen widerspricht.

Astrid Kofler, Das Fliegen der Schaukel

h.schoenauer - 07.10.2019

astrid kofler, das fliegen der schaukelEine Gesellschaft kann nur dann glücklich sein, wenn sie mit der jüngeren Zeitgeschichte versöhnt ist. Der Literatur fällt dabei die Aufgabe zu, mit ihren Fiktionen und Analysen einer gemeinsamen Erzählung auf die Sprünge zu helfen.

Astrid Kofler schreibt mit „Das Fliegen der Schaukel“ so etwas wie einen Versöhnungsroman. Zur Jahrtausendwende sitzt in einem Bozner Altersheim die betagte Lehrerin Ada Torelli in verschiedenen Erinnerungsposen herum und lässt das Leben Revue passieren. Unterhaltungsprogramme, das Auftreten von Clowns oder das wortlose Altern von Mitgenossinnen wirken fast wie eine Verhöhnung eines Lebens, das da für ein friedliches Ende zusammengestellt wird.

Thomas Hellmuth / Patricia Hladschick (Hg.), Inhalte, Methoden und Medien in der politischen Bildung

andreas.markt-huter - 04.10.2019

thomas hellmuth, methoden und medien in der politischen bildung„Medien sind seit langem nicht wegzudenkender Bestandteil von Bildungsprozessen und der Prozess der Medienentwicklung ist aus diesem Grund auch bildungstheoretisch höchst interessant. Das gilt auch und im Besonderen für die Politische Bildung.“ (S. 94)

Das Sachbuch beinhaltet verschiedene Beiträge zweier Jahrestagungen der „Interessensgemeinschaft Politische Bildung“, in denen die Autorinnen und Autoren aus ihrer Sicht wesentliche Inhalte politischer Bildung aber auch Kriterien für deren Auswahl vorstellen.

Maxi Obexer, Europas längster Sommer

h.schoenauer - 18.09.2019

maxi obwexer, europas längster sommerWährend man im Roman die Helden zur Kenntnis nimmt und sich mit ihnen arrangiert oder nicht, ist man als Leser eines Romanessays immer wieder versucht, einzugreifen und um eine Entgegnung zu bitten. Das freilich ist die hohe Leistung eines Essays, man ist ihm während der Lektüre gnadenlos ausgeliefert und kann erst hintennach reagieren, wenn man schon alles gelesen hat.

Maxi Obexer unterläuft die unsäglich zersplitterte Diskussion in diversen Medien mit dem Kunstgriff des Essays. Eine Ich-Erzählerin reist aus ihrer Kindheits-Heimat Südtirol nach Berlin, wo sie die Erwachsenen-Heimat aufgeschlagen hat und jetzt in einem Festakt eingebürgert werden wird.